Trainer haben es mit ihren Trainees oft schwer. Vor allem, wenn die Firma die Truppe "auf Training" schickt und eigentlich keiner dort hinwill. Oder Widerstand und Angst da ist, weil schon wieder irgendwas antrainiert werden soll. Weil irgendwelche Experten auftreten und lehren. Da kommen gern auch unliebsame Schulerinnerungen hoch.

Dieses Problem hat Angelika Rutard nicht. Weil ihr als Trainer Fly my way, eine Quarter-Horse-Stute, Greta, eine Noriker-Stute, Lucky way, ein Englisches Vollblut, und Wynono sweet spot, ein Paint-Horse-Wallach, Zwergdackel Mi-Mi, Magyar-Viszla-Rüde August und der Mischling Benji 2.0 assistieren.

Im Spiegel ohne Vorurteil

So wird Führungsverhalten im Spiegel der Reaktionen der Tiere sichtbar. Schubladisierungen, Zuschreibungen, Lücken zwischen Fremd- und Selbstbild werden sichtbar, und Selbstgefühl plus Wirksamkeit können stimmig zueinanderfinden. "Menschen können die Reaktionen von Tieren besser annehmen als von menschlichen Experten – daher gibt's weniger Widerstand", sagt die Coachin und Trainerin. "Pferde bewerten uns nicht als Mensch, sondern in der Art und Weise, wie wir ihnen gegenübertreten. Wir erhalten sofort Rückmeldung – ob wir zu dominant, ob wir angespannt, nervös, verunsichert sind. Pferde spiegeln wertneutral und lassen sich von Statussymbolen nicht blenden."

Außerdem, ist sie auch aus ihrer eigenen Führungsgeschichte heraus überzeugt, werde viel zu viel Geld und Zeit in den verbalen Anteil der Kommunikation, des Verhaltens, investiert (was nur kurzfristig oberflächliches Funktionieren bringe), viel zu wenig dagegen werde auf die Arbeit an der Haltung, die Reflexion, geschaut.

Von Kindheit an hatten es ihr Pferde angetan, schwärmt die 45-Jährige: "Pferde waren meine besten Lehrmeister." Studiert hat sie dann aber doch Psychologie, später führte sie 17 Jahre lang die Geschäfte der Weight Watchers.

Endlich angekommen? Ja, sagt Angelika Rutard. Und finanziell geht es sich aus: "Ich brauche nicht mehr so viele Dinge wie früher."
Foto: privat

Zeit für den Umbruch

Nach dem 40. Geburtstag war es dann so weit: Angelika Rutard hat sich ganz getraut und umgesattelt – im wahrsten Sinne. Parallel habe sie zu diesem Zeitpunkt dann einfach auch genug Wissen angesammelt gehabt, der Aufbau des Landguts eine Autostunde von Wien im Burgenland war weit genug vorangeschritten. Von ihren Coachings und Führungskräftetrainings kann sie Gut und Tiere erhalten. Und sie will weiter ausbauen – auch weil der überzeugten Vegetarierin wichtig ist, Respekt vor Tieren und Achtung vor der Natur zugänglich zu machen. Am besten gelingt das ja meist über das Entdecken des Selbstwertes.

Seminarangebote wie "das Leitstutenprinzip", in dem Auseinandersetzung mit den Rollenbildern einer Frau stattfindet und die Tiere bei Persönlichkeitsentwicklung in diesen Themenfeldern helfen. Module wie beispielsweise "slow down" sind Dauerangebote.

"Dass in der Ruhe die Kraft liegt, ist ja Plattitüde – aber heutzutage muss vor allem wieder Ruhe gelernt werden", sagt Rutard. Sie nimmt sich selbst nicht aus, wie ihrem Coachingtagebuch zu entnehmen ist. (Karin Bauer, 21.12.2016)