Wer nimmt Platz an der Stamford Bridge?

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Chelseas Technischer Direktor Michael Emenalo nennt Gründe für die Entlassung von Mourinho.

Chelsea Football Club

London/Köln – José Mourinho versteckte sein Gesicht hinter einer Kapuze vor dem Blitzlichtgewitter, als er in der Nobelkarosse vom Trainingsgelände des FC Chelsea chauffiert wurde. "The Special One" war bei den Blues nach dem Weihnachtsessen mit der Mannschaft und der Bekanntgabe der Trennung noch nicht richtig vom Hof, da wurden Namen gespielt. Guus Hiddink könnte laut englischen Medien erneut die Übergangslösung an der Stamford Bridge sein, ehe im Sommer ein neuer Teammanager übernimmt. Die Kandidatenliste ist prominent besetzt.

Die Art und Weise des Abgangs war ein gefundenes Fressen für die Presse. "Beim Festschmaus zerstückelt", titelte die "Daily Mail", "José Mourinho wurde entlassen, nachdem er mit Trainerstab und Spielern Knallbonbons gezündet und Truthahnbraten gegessen hatte", hieß es dort. "José wird gestopft", schrieb der "Daily Mirror" in seiner Schlagzeile. Aus "The Special One" wurde kurzerhand "The Broken One" ("The Sun"), "Not so special" (nicht gerade besonders) fand der "Telegraph" den Vorgang.

Hohe Abfindung

Der zweite Abschied des Portugiesen, siebeneinhalb Monate nach dem Gewinn der Meisterschaft, wird teuer für Chelsea. Anfang August hatte er seinen Vertrag bis 2019 verlängert, die festgelegte Abfindung soll bei umgerechnet 50 Millionen Euro liegen. Da sich der 52-Jährige aber – offiziell – einvernehmlich mit Chelsea einigte, wird wohl nicht die gesamte Summe fällig. Um Peanuts geht es freilich dennoch nicht.

Egal, was es auch kostet, Geld ist nicht das Problem des FC Chelsea, der unter Mourinho sieben Titel holte. Mit vier Siegen und 15 Punkten aus 16 Spielen schwebt der Klub in der Premier League in Abstiegsgefahr, der russische Klubbesitzer Roman Abramowitsch sah sich zum Handeln gezwungen.

Ancelotti heißbegehrt

Der nächste Schritt muss schnell folgen. In England gibt es keine Winterpause, dreimal muss Chelsea allein bis zum Jahreswechsel noch ran. Gut möglich, dass der 69-jährige Hiddink wie im Frühjahr 2009 einspringt. Der Niederländer holte während seines halbjährigen Engagements den FA-Cup.

Was danach folgt, ist offen. Carlo Ancelotti, von 2009 bis 2011 Trainer bei Chelsea, soll ein "obszönes Angebot" aus London vorliegen, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Vertraute des Italieners. Doch Ancelotti, zuletzt bei Real Madrid, gilt als aussichtsreichster Kandidat bei Bayern München, sollte Pep Guardiola den Verein wie erwartet zu Saisonende verlassen.

Guardiola umworben

Sollte es so kommen, würde der Spanier natürlich sofort für Chelsea interessant. Doch einen Trainer der Kategorie Guardiola haben auch andere Topklubs im Visier, gerade die von der Insel. Manchester United ist mit Louis van Gaal nicht mehr glücklich, Lokalrivale Manchester City buhlt ohnehin seit geraumer Zeit um den Katalanen.

Der abgestürzte Meister Chelsea kann sich wegen der Gemengelage nicht nur auf Ancelotti und Guardiola konzentrieren. Juande Ramos, wie Ancelotti einst Coach bei Real Madrid, soll laut spanischen Medienberichten schon nach London gereist sein. Chancen sollen auch der Argentinier Diego Simeone von Atlético Madrid und Italiens Nationaltrainer Antonio Conte haben.

Paul Hayward vom "Telegraph" warnt den Nachfolger: "Der nächste Mann sollte besser nach hinten schauen. Abramowitsch stellt den Manager nie über die Spieler. Er feuert immer den Kopf."

"Entscheidung im Interesse des Vereins"

Unterdessen hat Chelseas Technischer Direktor Michael Emenalo Gründe für die Entlassung von Mourinho genannt. "Es gab offensichtlich einen spürbaren Konflikt zwischen ihm und Spielern. Wir hatten das Gefühl, dass wir handeln mussten", sagte Emenalo im vereinseigenen Chelsea TV. "Wir haben die Entscheidung im Interesse des Vereins getroffen."

Versöhnende Worte für Mourinho gab es von Kapitän John Terry. "Du warst der Beste, mit dem ich je zusammengearbeitet habe. Ich werde dich vermissen", schrieb der Abwehrchef bei Instagram. "Wir haben viele gemeinsam Erinnerungen. Es ist ein sehr, sehr trauriger Tag." (sid, APA 18.12.2015)