Wien – Das Klimaabkommen von Paris birgt, so ermutigend und wegweisend es auf den ersten Blick auch scheinen mag, Fallstricke. In ihnen könnten sich die UN-Vertragsstaaten verheddern. Das zumindest befürchtet Erwin Mayer, wie er dem STANDARD sagte. Mayer war viele Jahre lang in verschiedensten Funktionen in der Umweltbewegung aktiv. Derzeit ist er stellvertretender Geschäftsführer von Kleinwasserkraft Österreich.

"Der Emissionshandel taugt nicht. Der Keim des Scheiterns ist da schon drin", befürchtet Mayer. Gemäß dem Pariser Abkommen soll es wieder einen projektbezogenen und, was noch schwerer wiegt, zwischenstaatlichen Emissionshandel geben, wie er auch im Kioto-Protokoll verankert war. "In der Absichtserklärung steht, dass künftige Konferenzen Details klären sollten. Man weiß somit noch nichts über die Methodologie, kann aber auf Erfahrungen aus der Kioto-Periode und vom europäischen Emissionshandel zurückgreifen. Und die sind alles andere als ermutigend", sagte Mayer.

Konstruktionsfehler

Seiner Ansicht nach hat das Emissionshandelssystem einen massiven Konstruktionsfehler. "Es gibt keine übergeordnete Instanz, die eine Obergrenze an Zertifikaten vorschreibt. Es sind die Verpflichteten selbst, die die Ziele vorgeben, an die sie sich halten sollen. Es ist nur logisch, dass jedes Land diese möglichst niedrig ansetzen wird, um am Schluss nicht draufzuzahlen", sagte Mayer. "Wenn so etwas Ähnliches auch zur Erreichung des 1,5-bis-zwei-Grad-Ziels (von der Wissenschaft als für das Leben auf der Erde gerade noch akzeptabler Temperaturanstieg gegenüber der vorindustriellen Zeit bezeichnet; Anm.) versucht wird, kommt unter Garantie nichts heraus."

Steuerreform

Das beste und realistischste Mittel, die Klimaziele zu erreichen, wäre eine globale CO2-Steuer. Es spreche aber auch nichts dagegen, dass die EU als Ganze oder Österreich allein voranschritten. Mit einer geschickt gemachten, aufkommensneutralen Steuerreform sowie Überbrückungshilfen für stark betroffene Industrien wie beispielsweise die Voest mit ihren Hochöfen ließe sich das ohne Wettbewerbsnachteile bewerkstelligen. "Man muss es nur wollen", sagte Mayer.

Überbrückungshilfen könnten aus einem Fonds bezahlt werden, der sich aus Einnahmen aus der CO2-Steuer speist. Unternehmen wie die Voest könnten nicht laufend Verbesserungen auf der CO2-Seite erzielen, wie das anderen sehr wohl möglich ist – "da ist vieles ausgereizt", sagte Mayer. Die Voest müsse bis 2020 entscheiden, wo und wie sie ihre Hochöfen im darauffolgenden Jahrzehnt neu platziert. Mit einer CO2-Steuer, die zur Erreichung der Klimaziele Jahr für Jahr etwas höher ausfallen müsste, käme der Stahlkocher mehr und mehr unter Druck. Diese Mehrkosten sollten abgegolten werden, bis mit einer neuen Generation an Hochöfen mit einer nahezu CO2-freien Stahlproduktion begonnen werden könne. (Günther Strobl, 20.12.2015)