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Kurt Masur ist in Connecticut gestorben.

Foto: apa / epa / wuestneck

Greenwich – Es mag in dieser Biografie unzählige markante Momente gegeben haben, sie wirkte ja mit dramatischen Ereignissen des 20. Jahrhunderts verbunden. Für den Musiker Kurt Masur (1927 im schlesischen Brieg als Sohn eines Elektroingenieurs geboren), der den Zweiten Weltkrieg miterlebt hat wie auch den Kalten Krieg mitsamt dessen Ende, für diesen Musiker waren zwei Ereignisse wesentlich.

Irgendwann in der Pubertät habe er Beethovens 9. Symphonie gehört. Und dieses Erlebnis, so Masur später, habe ihn geprägt, ihn einige Tage regelrecht aufgewühlt und ratlos herumlaufen lassen. Und als ihm, dem Organisten, schließlich eröffnet wurde, dass eine Erkrankung der rechten Hand eine Instrumentalkarriere verunmöglichen würde, da entschied sich Masur fürs Dirigieren.

Weltruhm zur Wendezeit

Bis zu jener Position als Chef des Leipziger Gewandhausorchesters (ab den 1970ern) sollte einige Zeit vergehen. Masur studierte an der Musikhochschule Leipzig, bekam einen Kapellmeisterjob in Halle, dann in Erfurt und an der Leipziger Oper. Er war auch Chefdirigent bei Walter Felsenstein an der Komischen Oper Berlin. Als er 1964 Felsenstein verließ, belegte ihn das DDR-System mit einem Ausreiseverbot. Man habe Angst gehabt, er würde im Westen bleiben, so Masur. Drei Jahre lang sollte dieser Boykott andauern, bis es zu der Einladung an die Mailänder Scala kam, die Masur gegen bürokratischen Widerstand schließlich durchboxte.

Weltruhm erlangte Masur zuerst vor allem durch sein Engagement zur Wendezeit, als sich das DDR-System aufzulösen begann: Masur, der Gewandhauskapellmeister, sprach im dramatischen Moment den "Aufruf der Leipziger 6", in dem zum Gewaltverzicht bei der Montagsdemonstration in Leipzig aufgerufen wurde. Er half damit mit, den Wandel friedlich voranzutreiben.

Wiener Klassik und Romantik

Danach kamen internationale Engagements. Masur wurde Chef des New York Philharmonic Orchestra (1991-2002), des London Philharmonic Orchestra und des Orchestre National de France. Musikalisch war er letztlich der Wiener Klassik und dem romantischen Repertoire verpflichtet. Reines "Schönspielen" schien ihm dabei unangenehm, da unproduktiv. Masur schätzte es, Musik sprechen zu lassen, immer auch zu vermitteln, wie eine Musikphrase inhaltlich gemeint war, wie eine Passage den Zuhörer erreichen sollte.

Kurt Masur – er litt seit Jahren an Parkinson – ist am Samstag 88-jährig in Greenwich (US-Staat Connecticut) gestorben. (Ljubisa Tosic, 20.12.2015)