Courchevel – Kurz nach Marcel Hirscher in Alta Badia hat Eva-Maria Brem am Sonntag den Riesentorlauf von Courchevel gewonnen und Österreichs Alpinski-Damen im letzten Rennen vor Weihnachten den ersten Saisonsieg beschert. Die Tirolerin setzte sich bei ihrem zweiten Weltcup-Triumph 0,17 Sek. vor Nina Löseth (NOR) sowie der zeitgleichen Schweizerin Lara Gut durch. Gut übernahm damit auch die Weltcupführung.
Brem wiederum legte sich selbst vorzeitig die Führung im Riesentorlauf-Weltcup auf den Gabentisch. Die konstante und schnelle Tirolerin, die in ihrer Paradedisziplin seit gut eineinhalb Jahren stets in den Top Ten gelandet ist, stand rund 13 Monate nach ihrem Premierenerfolg am 29. November 2014 in Aspen zum zweiten Mal nach einem Weltcuprennen wieder ganz oben. Nach jeweils zweiten Plätzen in Aspen und Aare und ihrem nunmehrigen Sieg führt sie die Spezialwertung mit 292 Punkten sowie 42 Zähler vor Gut (250) an.
Attacke
Für ihren zweiten Weltcup-Sieg musste Brem freilich in mehrfache Hinsicht lange hart und über ein Jahr kämpfen. Prinzipiell kam der 27-Jährigen aus Münster am Sonntag der steile, anspruchsvolle und hoch gelegene Hang in Savoyen total entgegen. Nach Bestzeit im von ihrem Coach Stefan Bürgler gesetzten und zuvor im Zillertal geübten Kurs attackierte Brem daher auch im Finale.
Letztlich reichte dort die elftbeste Laufzeit zum so heiß ersehnten Sieg. Vielleicht auch ein wenig deshalb, weil in dem französischen Hundertstel-Krimi die zur Halbzeit nur 18 Hundertstel zurückgelegene Tessa Worley in der Entscheidung auf dem Weg zur Zwischenführung ausschied und so einen möglichen Heimsieg verjuxte.
"Ich bin riesig erleichtert. Denn diesem zweiten Sieg bin ich lange nachgelaufen. Gott sei Dank bin ich immer geduldig geblieben", sagte Brem nach ihrem überfälligen Triumph. "Es ist wunderschön, dass mir das im letzten Rennen vor Weihnachten gelungen ist. Das Steile ist eben meine Stärke, das ist das, was ich am besten kann. Dort habe ich auch extrem riskiert", erklärte sie ihr Motto, "je steiler desto Brem".
"Riesen-Double" für ÖSV
"Es ist mir gelungen, konzentriert zu bleiben", jubelte die blonde Tirolerin auch über den ersten Sieg der von vielen Rücktritten und Ausfällen geplagten ÖSV-Damen im zwölften Saisonrennen. Damit gab es für Österreich am 20. Dezember 2015 ein denkwürdiges "Riesen-Double", kurz zuvor hatte Marcel Hirscher den Steilhang-Klassiker in Alta Badia gewonnen.
Gut fehlten 17 Hundertstel, um ihre höchst erfolgreiche "Tour de France" mit dem dritten Sieg in Folge abzuschließen. Letztlich war die Gewinnerin der Kombination und der Abfahrt von Val d'Isere aber auch mit Platz zwei hoch zufrieden, liegt sie nun doch vor den letzten Rennen des Jahres in Lienz 58 Punkte vor Lindsey Vonn in Führung. Die US-Amerikanerin war nach ihrem gefährlichen Beinahe-Sturz in der Abfahrt in Val d'Isere trotz Bein- und Kniebeschwerden angetreten und wurde 13. Zuletzt in Aare hatte die Siegerin von 71 Weltcuprennen noch vor Brem gewonnen.
"Jetzt freue ich mich auf die Pause", blies Gut nach ihrer Gewaltleistung durch. Mit der Gesamtwertung wollte sich die 24-Jährige aus Sorengo, die schon ein Mal ähnlich aussichtsreich in die Saison gestartet war, nicht auseinandersetzen. "Ich mache das so wie Anna (Fenninger, Anm.) vor zwei Jahren. Ich konzentriere mich nur von einem Lauf auf den anderen." Für ihre Bezwingerin gab es von Gut viel Lob. "Eva ist sensationell gefahren, ich freue mich auch über Platz zwei."
Jung und am letzten Zacken
Auch in Courchevel sorgten neben Brem und der zehntplatzierten Michaela Kirchgasser vor allem die jungen ÖSV-Fahrerinnen für starke Vorstellungen. Die 19-jährige Katharina Truppe etwa preschte sogar mit Laufbestzeit in der vom österreichischen Weirather-Coach Andreas Evers ausgeflaggten Entscheidung vom 28. auf den 15. Platz nach vorne. "Das war am letzten Zacken, mehr wäre nicht mehr gegangen", freute sich die talentierte Kärntnerin.
Eine bemerkenswerte Vorstellung lieferte auch Carmen Thalmann. Die Slalomspezialistin qualifizierte sich trotz der hohen Startnummer 45 als 13. für das 30er-Finale und wurde am Ende unmittelbar hinter Kirchgasser als Elfte sogar drittbeste Österreicherin. "Das ist ein wunderschöner Tag für mich. Es war eine Freude, da zwei Mal runterfahren zu dürfen", kommentierte Thalmann ihr bisher beste Platzierung in einem Weltcup-Riesentorlauf.
Einmal mehr bereits in Lauf eins scheiterte Cornelia Hütter. Die Steirerin rutschte im Steilhang aus und kollidierte hart mit einer Torstange. "Das war zu viel des Guten. Dann war meine Brille voll Schnee, ich habe nicht gewusst, wo ich bin und konnte nicht ausweichen", erklärte die Speed-Spezialistin.(APA, 20.12.2015)