Die Rektorin der Veterinärmedizinischen Uni in Wien, Sonja Hammerschmid, gibt in der Österreichischen Universitätenkonferenz künftig die Richtung vor.

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Zum ersten Mal in seiner Geschichte steht eine Frau an der Spitze des Dachverbandes der österreichischen Universitäten (Österreichische Universitätenkonferenz / Uniko). Acht der 21 Universitäten werden von einer Rektorin geführt. Vor zehn Jahren waren an Österreichs Hohen Schulen die Männer noch unter sich. Aber heute gibt es in Österreichs Uni-Gremien für Frauen keine gläserne Decke mehr. Wie es dazu gekommen ist, ist weithin unbekannt.

Männernetzwerke

Anfang des Jahres 2008 scheiterten innerhalb weniger Wochen drei qualifizierte Wissenschafterinnen im Rittern um Uni-Spitzenpositionen an den damals üblichen Männernetzwerken. In den Universitätsräten, die den Rektor wählen, waren die Männer so gut wie unter sich. Die Hälfte dieser Räte war noch von BZÖ und ÖVP bestimmt worden. Wenige Monate später sollten neue Räte ernannt werden. Nach dem Wiedereintritt in die Regierung erhielt die SPÖ die Möglichkeit, geeignete Personen vorzuschlagen – ein Viertel der Uni-Räte. Diese Personen zu finden, war meine Aufgabe als Wissenschaftssprecher der Sozialdemokraten. Ich fasste den Plan, nicht einige, sondern nur Frauen zu nominieren, und fand in der Bildungsministerin Claudia Schmied eine starke Verbündete. Gemeinsam mit dem heutigen Verfassungsrichter Johannes Schnizer entstand eine Namensliste, die sich fachlich sehen lassen konnte.

Dass das gelingen konnte, lag auch daran, dass sich unter den von Schwarz-Blau bestellten Uni-Räten keine einzige Person befand, die der Sozialdemokratie nahegestanden wäre. Es gab also keine "Amtsinhaber", die man hätte absetzen müssen. Ein, zwei halbherzige Versuche, für männliche Kandidaten zu werben, konnten unter Hinweis auf den beschlossenen Weg abgewehrt werden.

Höchst qualifiziert

Nun blieb der ÖVP nichts anderes übrig, als ihrerseits mehr Frauen aufzustellen. Jede der neuen Uni-Rätinnen war höchst qualifiziert: An der Johannes-Kepler-Universität in Linz zum Beispiel zogen in den Uni-Rat ein: Wilhelmine Maschek, Primaria am Landeskrankenhaus; Edith Kitzmantel, Generaldirektorin in der EU-Kommission; die Wifo-Forscherin Gudrun Biffl; die Unternehmerin Monika Leischl-Kiesl.

Das war aber erst der erste Schritt. Jetzt ging es darum, die Benachteiligung der Frauen in den inneruniversitären Gremien zu beenden. Seit dem Jahr 1993 waren staatliche Behörden und Ministerien per Gesetz dazu verpflichtet, gleich qualifizierte Frauen bei Beförderungen so lange zu bevorzugen, bis ein Frauenanteil von 40 Prozent erreicht ist. Im Universitätsgesetz von 2002 gab es zwar einen Paragrafen, der auf dieses Gesetz hinwies. Allerdings ohne jede Sanktion! Es war völlig gleichgültig, ob sich die Universitäten daran hielten oder nicht.

Mein Plan war einfach, aber wirkungsvoll. Statt des zahnlosen Hinweises auf das Gleichbehandlungsgesetz sollten dessen inhaltliche Bestimmungen ins Universitätsgesetz hineinkopiert werden – als verpflichtende Anordnung: Für Männer wie Frauen würde in allen Uni-Gremien eine Mindestquote von 40 Prozent vorgeschrieben werden. Die Unis würden sich daran halten müssen, nicht bloß sich daran halten können. Als dieser Plan bekannt wurde, war die Aufregung groß. Wissenschaftsminister Johannes Hahn forderte "Exzellenz statt Quote", die stellvertretende Generalsekretärin der Wirtschaftskammer "Hirn statt Quote" – ein Diktum, das mich bis heute sprachlos macht.

Aber ich hatte eine kraftvolle Verbündete gewonnen: Gertrude Brinek, Wissenschaftssprecherin der ÖVP im Nationalrat, selbst akademische Lehrerin an der Uni Wien. Gemeinsam gelang es, Minister Hahn umzustimmen. Ich erinnere mich an ein Gespräch am Karsamstag 2008, bei dem Brinek Hahn gegenüber klare Worte fand – wenn ich mich recht erinnere, wurde sie an einem Punkt sogar ein wenig laut. Hahns Kabinettschef, der heutige Sektionschef Elmar Pichl, vermittelte und zog den Minister auf unsere Seite. Ein Jahr später wurde die paktierte Quote Gesetz. Und ist es heute noch.

Seit dem Jahr 2014 verlangt das Universitätsgesetz sogar Geschlechterparität. In Uni-Rat, Senat und anderen Gremien ist seither eine Quote von 50 zu 50 einzuhalten. Dort, wo es nur wenige Frauen im akademischen Personal gibt, kann von der Quote abgewichen werden. Allerdings nur dann, wenn die an jeder Uni eingerichtete Gleichbehandlungskommission bestätigt, dass die Quote nicht erfüllt werden kann.

Erst später ist mir klargeworden, welche Widerstände Minister Hahn damals zu überwinden hatte. Die Wirtschaft opponierte hinter den Kulissen recht heftig. Man dachte offenbar: Wenn die Frauenquote an den Unis funktioniert, würde es sehr schwierig, sie in den Aufsichtsräten der großen Unternehmen zu verweigern. Diese Angst scheint sich mittlerweile gelegt zu haben. Sonst wäre es nicht möglich, dass unter dem aus dem ÖVP-Wirtschaftsbund kommenden Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner der verpflichtende Frauenanteil noch einmal angehoben wurde.

Die Zeit war reif

Den Universitäten hat das Hereinholen der Frauen in Leitungs- und Aufsichtsorgane nicht geschadet, ganz im Gegenteil. Die stille Gender-Revolution an den Hohen Schulen war ein voller Erfolg. Sie hat hervorragenden Personen, die etwas für die Unis leisten wollen, einen Weg freigemacht, den viele von ihnen wegen ihres Geschlechts vorher nicht hatten gehen können. Die Zeit war 2008 offenbar reif dafür. (Josef Broukal, 21.12.2015)