Um keinerlei Missverständnisse aufkommen zu lassen: Nicht erst seit den Anschlägen von Paris gilt es als Common Sense in der Republik, dass die Umtriebe potenzieller Terroristen genauer verfolgt werden sollen, um ihnen am besten schon vor ihren Untaten das Handwerk zu legen. Das, was sich Rot und Schwarz aber in ihren zügigen Endverhandlungen zum neuen Staatsschutzgesetz zurechtgezimmert haben, stellt erst recht wieder unbescholtene Bürger reihenweise unter Verdacht.

Denn bald reicht auch die bloße Vermutung, dass man öffentlich die Nationalflagge verbrennen, den Bundesadler publikumswirksam zerzausen oder ein Hassposting ins World Wide Web absetzen könnte, um jahrelang in den Fokus der Verfassungsschützer zu geraten. Familie, Freunde, alle Kontaktpersonen inklusive. Anstatt so die Befugnisse der Ermittler quasi auf halb Österreich auszudehnen, wäre es angebracht, sich auf Islamisten und rechte Extremisten zu konzentrieren. Doch ausgerechnet Personen aus diesen Milieus wird Vertrauen entgegengebracht: "V-Leute" sollen rekrutiert werden, um allfällige Gefahren abzuwenden.

Obwohl die Opposition gewillt wäre, das neue Regelwerk vor allem mit besseren Kontrollrechten mitzubeschließen, haben SPÖ und ÖVP bisher den Alleingang bevorzugt. Solange sie keine breite Mehrheit suchen, gilt ergo auch für die Koalitionäre der Generalverdacht: dass sie beim Überwachen schalten und walten wollen, wie sie möchten. (Nina Weißensteiner, 21.12.2015)