Gläserne Kuppel in den Galéries Lafayette, eröffnet im Jahr 1894.

Foto: Sindbad Bonfanti

Werbeplakat des Pariser Kaufhauses "Bon Marché"

Foto: Le Bon Marché

Wenn Robert Hartlauer wieder gegen Schnee wettet und bei Ikea alles noch heimeliger ist als sonst eh schon und in echt erst recht, dann ist’s wieder Weihnachten im Fernsehen. Und in den Geschäften. Und Herzen: "So macht man sich Freunde", versucht etwa eine Supermarktkette mit "Päckchen", die "wie selbsteingepackt aussehen" und "Braten", der "wie selbstgemacht schmeckt", aktuell von der Couch in ihre Filialen zu locken. Zum Feste nur das Beste!

Von der Geburt nicht des kleinen Jesus sondern des Shoppingtempels anno 1852 erzählte folgerichtig am Sonntag im ORF Wünsche werden wahr – Die Entstehung des Kaufhauses. Und ließ pünktlich zum Geschenkeendspurt tief in die noch immer gültige, (kauf)hausgemachte Mechanik der oh du fröhlichen Begehrlichkeitsindustrie blicken.

Und ihre weltverändernde Kraft. Die Erfolgsstory des Warenwunderlands, vorgeführt am Pariser Le Bon Marché, offenbart sich nämlich ebenso als zweischneidige Geschichte weiblicher Emanzipation ("langes Haar, kurzer Verstand") und gesellschaftlicher Durchmischung. Etwa war das Kaufhaus der erste Ort nach Friedhof und Kirche, den Damen der Gesellschaft unbegleitet aufsuchen durften – aber auch einer, wo sie mit Huren am selben Regal standen.

Pittoresk, unterhaltsam und ungemein informativ zeichnet die Doku ein spannendes Bild von der Kalkuliertheit jener "Fantasiewelt" und der Zeit, da aus Gebrauch Verbrauch wurde. Wer Geldbörserl und Nerven schonen will, dem bietet sich morgen, Dienstag, um 8.55 Uhr auf Arte erneut Gelegenheit zum virtuellen Bummel. Er wird sich schnell heimisch fühlen, denn ob Versandhandel, Lockangebote, Konfektionsgrößen: Was heute ist – damals wurde es! (Michael Wurmitzer, 21.12.2015)