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Im katholischen Irland gilt eine strikte Gesetzgebung beim Thema Abtreibungen. Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern.

Foto: AP Photo / Peter Morrison, file

Die Aktion erinnert an die berühmten Titelblätter der Zeitschriften "Le Nouvel Observateur" und "Stern" aus dem Jahr 1971: "Wir haben abgetrieben", bekennen jetzt, 44 Jahre später, dutzende junger Irinnen. Ihre Aktion richtet sich gegen die rückständige Abtreibungsgesetzgebung auf der grünen Insel. Unterstützt durch Amnesty International wollen die Frauen das Thema im Wahlkampf auf die Tagesordnung hieven. Unterdessen hat der High Court in Belfast die in Nordirland geltende Regelung für ungesetzlich erklärt.

Beiderseits der Grenze haben Irinnen nur unter eng begrenzten Umständen Zugang zu einer Abtreibung in ihrer eigenen Heimat. Voraussetzung dafür ist die unmittelbare Gefahr für Leib und Leben, wozu auch Suizidgefährdung gehört. In Südirland gilt diese Regel erst seit zwei Jahren, als das Parlament ein Gesetz "zum Lebensschutz während der Schwangerschaft" verabschiedete, damals eine kleine Revolution in dem stark katholisch geprägten Land.

"Dies ist ein katholisches Land"

Zustande kam diese aber erst durch den Tod einer Zahnärztin in Galway. Die Ärzte diagnostizierten zwar eine Fehlgeburt; weil das Herz des nicht lebensfähigen Kindes aber weiterschlug, wurde der Patientin im November 2012 der notwendige Schwangerschaftsabbruch verweigert. Begründung: "Dies ist ein katholisches Land." Kurz darauf starb die Frau an einer Blutvergiftung.

Dem Verfahren in Belfast lag der Fall von Sarah Ewart (25) zugrunde. Eine Ultraschalluntersuchung in der 20. Schwangerschaftswoche hatte im Herbst 2013 gezeigt: Ewarts Baby litt an Anenzephalie, Gehirn und Schädeldach hatten sich nicht entwickelt. Solche Babys überleben die Geburt höchstens um einige Tage. Da aber das Leben der Mutter nicht gefährdet war, kam eine Abtreibung in Irland nicht infrage. Ewart musste deshalb nach Großbritannien reisen. Schätzungen zufolge fahren jedes Jahr zwischen 4.000 und 7.000 Irinnen ins Ausland, um eine ungewollte Schwangerschaft zu beenden.

"Frauen ins Gesicht sehen"

"Wir wollen die irische Öffentlichkeit und die Regierung dazu zwingen, diesen Frauen ins Gesicht zu sehen", begründet Katie O'Neill von der Lobbygruppe X-ile das Projekt. "Es handelt sich um ihre Schwestern, ihre Mütter, ihre Partnerinnen." Die Organisatorinnen wollen nicht nur das Gesetz ändern, sondern auch ein Netzwerk zur Unterstützung der Betroffenen aufbauen.

Die große Koalition unter Premier Enda Kenny von der konservativen Fine-Gael-Partei hat für die kommende Legislaturperiode eine freie Abstimmung im Dubliner Parlament in Aussicht gestellt. Der kleine Koalitionspartner Labour hat eine Volksabstimmung sogar zur Voraussetzung dafür gemacht, dass die Partei nochmals in die Regierung eintritt. (Sebastian Borger aus London, 22.12.2015)