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Normalerweise gehört der Audienzsaal Tausenden von Pilgern aus aller Welt. Einmal im Jahr, zu Weihnachten, wendet sich der Papst aber nur an seine eigene "Belegschaft", die Vatikan-Mitarbeiter.

Foto: APA / EPA / Ettore Ferrari

Vor einem Jahr hatte der Papst in seinen Weihnachtsgrüßen an die Mitarbeiter des Vatikans zu einer regelrechten Wutrede angesetzt und der Kurie 15 "Krankheiten" attestiert – etwa jene der "spirituellen Erstarrung", der "Rivalität und Eitelkeit" sowie "spirituellen Alzheimer". Heuer war Franziskus etwas milder gestimmt, aber seinen Ärger über die jüngsten Skandale wollte und konnte er bei seiner Ansprache am Montag dennoch nicht verbergen: Denn einige der "Krankheiten" seien auch im vergangenen Jahr aufgetreten und hätten "nicht wenig Schmerz im ganzen Körper verursacht und viele Seelen verletzt".

Die "Widerstände" gegen die Reformen und das "Scheitern einiger Mitarbeiter" seien aber kein Grund zur Entmutigung. Die aufgedeckten Skandale könnten auch nicht verdecken, was im Vatikan an Gutem geleistet werde.

"Verstand und Tatkraft"

"Es wäre eine große Ungerechtigkeit gegenüber all den anständigen und gewissenhaften Personen, die in der Kurie mit uneingeschränktem Einsatz, mit Ergebenheit, Treue und Professionalität arbeiten, nicht einen tief empfundenen Dank und eine gebührende Ermutigung zum Ausdruck zu bringen", betonte Franziskus. Und an die Adresse der weniger Treuen verkündete er, dass die Kurienreform "mit Entschlossenheit, klarem Verstand und Tatkraft fortgeführt wird".

Statt eines Sündenregisters wie vor einem Jahr listete der Papst einen Katalog von zwölf Tugenden auf, die für den Dienst in der Kirche erforderlich seien. Genau genommen handelt es sich um Tugendpaare, zum Beispiel um "Missionsgeist und pastorale Grundhaltung", "Spiritualität und Menschlichkeit", "Vernünftigkeit und Liebenswürdigkeit", "Ehrlichkeit und Reife", "Großherzigkeit und Aufmerksamkeit". Weiters erinnerte Franziskus an Papst Paul VI., der erklärt hatte, die römische Kurie sei zur "Vorbildlichkeit berufen". Gemeint sei eine Vorbildlichkeit, die Skandale vermeide, welche die Glaubwürdigkeit des katholischen Zeugnisses bedrohten.

Opus-Dei-Mitglied zu Vizepressechef ernannt

Zuständig für die Verbreitung des katholischen Zeugnisses ist nicht zuletzt der "Pressesaal des Heiligen Stuhls", also die Medienstelle des Vatikans. Franziskus verkündete am Montag eine überraschende Personalie: Der US-Amerikaner Greg Burke wird neuer Vizedirektor des vatikanischen Presseamts – und damit die Nummer zwei hinter Jesuitenpater Federico Lombardi. Zuvor war Burke Kommunikationsberater im vatikanischen Staatssekretariat – ein Posten, der im Jahr 2012 von Benedikt XVI. geschaffen worden war.

Bemerkenswert ist der Aufstieg Burkes deshalb, weil er bis zu seiner Berufung in den Vatikan beim Republikaner-freundlichen US-TV-Sender Fox News tätig war; außerdem ist er Mitglied des erzkonservativen Opus Dei. Letzteres ist für den Pressesaal des Vatikans nichts Ungewöhnliches: Schon Lombardis Vorgänger, der Spanier Joaquín Navarro-Valls, hatte dem einflussreichen Laienorden angehört. (Dominik Straub aus Rom, 21.12.2015)