STANDARD: Das Motto von Podemos ist: Geboren, um zu gewinnen. Sind Sie jetzt nicht etwas kurz gefallen?

Monedero: Gewinnen ist nicht nur eine Frage der Zahl der Abgeordneten. Gewinnen bedeutet auch, das Zweiparteiensystem zu besiegen. An die Regierung zu kommen ist natürlich immer ein Ziel, aber das war von vornherein für eine Partei, die noch nicht einmal zwei Jahre alt ist, sehr schwierig. Erstmals hat eine politische Kraft, die klar gegen die Austeritätspolitik auftritt, 5,2 Millionen Stimmen erhalten. Das bedeutet die Rekonstruktion eines politischen Raumes.

STANDARD: Wie will Podemos von diesem Ergebnis den Weg in den Regierungspalast schaffen, oder ist das nicht mehr das Ziel?

Monedero: Das ist nach wie vor unser Fahrplan. Wir sind die einzig große Partei in Spanien, die eine Alternative zur Sparpolitik plant. Die einzige echte Alternative sind wir. Wir müssen jetzt zweigleisig fahren: Zum einen gute Parlamentsarbeit, eine gute Oppositionsarbeit machen, die zeigt, dass wir in der Lage sind, wirklich Politik zu gestalten. Gleichzeitig müssen wir – und das ist für mich sehr wichtig – erneut die Arbeit auf den Straßen und Plätzen intensivieren, um zu erreichen, dass ein Teil der Bevölkerung umdenkt, der nach wie vor der Vergangenheit verhaftet ist.

STANDARD: Ist das als Kritik an Podemos gemeint? Viele werfen der Partei vor, die Basis vernachlässigt zu haben und nur an die Wahlmaschinerie gedacht zu haben.

Monedero: Nach der Bewegung der Empörten gab es zwei Möglichkeiten. Die Empörung zu repräsentieren oder die Empörung neu zu kanalisieren. Wir haben sie neu kanalisiert. Ein Teil der Empörung gilt nicht dem System als solchem, sondern den Auswüchsen des Systems. Ich bin davon überzeugt, dass wir die Hegemonie erlangen müssen. Dazu braucht es Verwaltungsapparate. Zum Beispiel ist es wichtig, dass das öffentliche TV nicht Parteisender sind. Deshalb müssen wir bei Wahlen erfolgreich sein. Aber all das nützt nichts, wenn wir den Kampf um die Kultur vernachlässigen.

STANDARD: Wie lange wird die Legislaturperiode dauern?

Monedero: Ich glaube, nicht viel mehr als zweieinhalb Jahre. Allerdings wäre ich da vorsichtig. Mit dem völlig offenen Panorama machen solche Spekulationen wenig Sinn. Ich bin überzeugt, dass der junge König Felipe VI. eine Legitimität für seine Zeit auf dem Thron braucht. Sie könnten so etwas wie eine große Koalition zwischen PP, PSOE und Ciudadanos suchen; nicht als Regierung, sondern als Pakt um die Verfassungsreform. Dafür wären zwei, drei Jahre nötig. (Reiner Wandler aus Madrid, 22.12.2015)