Ein Soldat der afghanischen Armee in der Provinz Helmand am Dienstag.

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Kandahar – Die afghanische Armee hat über der Provinz Helmand Munition, Waffen und Lebensmittel abwerfen lassen, um ihren bedrängten Truppen in der südlichen Bezirkshauptstadt Sangin zu Hilfe zu kommen. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Kabul wies am Dienstag Berichte zurück, wonach die Armee hohe Verluste erlitten habe und die Bezirkshauptstadt an die Taliban-Rebellen gefallen sei.

Es gebe nur "sporadische Kämpfe" in dem Bezirk der südlichen Provinz, sagte der Sprecher der Nachrichtenagentur AFP.

Widersprüchliche Angaben

Ein Augenzeuge berichtete dagegen, große Teile der Stadt seien in der Hand der Taliban. Der Einwohner Hadshi Abdul Kader sagte, nur noch der Sitz des Bezirksgouverneurs und das Polizeihauptquartier würden von den Regierungstruppen gehalten. Der Rest von Sangin sei von den islamistischen Aufständischen eingenommen worden. Bei einem Einschlag wurden zwei seiner Kinder verletzt.

Kaders Angaben zufolge richteten die Taliban in Sangin zwei Mitglieder des Geheimdiensts und einen Polizeikommandeur öffentlich hin. Der Bericht erinnert an die Lage in Kunduz nach der Einnahme der nordafghanischen Provinzhauptstadt durch die Taliban im September. Die Aufständischen ermordeten damals viele Regierungsbeamte, bevor sie nach zwei Wochen von der Armee wieder vertrieben wurden. Die Einnahme der Stadt war der größte Erfolg für die Taliban seit ihrem Sturz im Herbst 2001.

Zentrum des Opiumanbaus

Der Bezirk Sangin ist seit langem eine Hochburg der Taliban und Schauplatz heftiger Kämpfe. Die in der Region stationierten britischen Truppen versuchten über Jahre vergeblich, den Bezirk im Zentrum der Opiumanbauregion unter ihre Kontrolle zu bringen. 2010 wurden sie abgelöst durch US-Truppen, die sich vergangenes Jahr ebenfalls zurückzogen und die Verantwortung für die Sicherheit den afghanischen Sicherheitskräften übergaben. Kürzlich wurden aber US-Spezialkräfte als Berater nach Sangin zurückgeschickt.

Vizegouverneur Mohammed Jan Rasuljar hatte am Wochenende gewarnt, die Provinz Helmand stehe kurz vor dem Fall an die Taliban. Die Zentralregierung in Kabul bestritt dies. (APA, 22.12.2015)