Ankara/Washington – Die USA und ihr Nato-Partner Türkei haben ein weiteres Streitthema angesichts der militärischen Eskalation in den kurdischen Städten im Südosten des Landes an der Grenze zu Syrien. Der Sprecher des US-Außenministeriums äußerte die Erwartung, dass die türkische Regierung zu Friedensverhandlungen mit der kurdischen Untergrundarmee PKK zurückkehrt. Hintergrund ist der Krieg im benachbarten Syrien und der Wunsch der USA nach einer wirksamen Bekämpfung der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) auch durch die Türkei.
"Wir hoffen, dass sich die türkische Regierung und die PKK wieder zu einem politischen Prozess verpflichten, der einen gerechten und dauerhaften Frieden für alle türkischen Bürger bringt", sagte der Sprecher des State Departments, John Kirby, in einer am Dienstag in der Türkei verbreiteten Äußerung, die während einer Pressekonferenz in Washington gefallen war.
Kirby: Türkei muss kurdische Zivilisten schützen
Kirby sprach auch den Umstand an, dass Zivilisten durch die massiven Militäroperationen in den mehrheitlich kurdischen Städten in Gefahr gebracht werden. Es sei verständlich, dass die Türkei Maßnahmen zur Herstellung der Sicherheit ergreifen müsse; "doch sie sollte auch alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen treffen, um Zivilisten zu schützen und in Einklang mit ihren rechtlichen Verpflichtungen zu handeln", sagte der Sprecher.
Nach Schätzungen der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sind seit der Aufkündigung des Friedensprozesses mit der PKK im Juli dieses Jahres mehr als 100 Zivilisten bei den Kämpfen getötet worden. Der Einsatz des Militärs und die Einrichtung von Sperrzonen unterliegen nach türkischem Gesetz einer Reihe rechtlicher Bedingungen.
Hilfen für Unternehmer
Regierungs- und Parteichef Ahmet Davutoğlu ging am Dienstag in seiner wöchentlichen Rede vor der Fraktion nicht auf die Äußerung der US-Regierung ein. Davutoğlu kündigte dafür Erleichterungen für Unternehmer im Südosten des Landes an, deren Geschäft durch die Verhängung von Ausgangssperren und die Kämpfe in Mitleidenschaft gezogen wird. Unternehmer sollen drei Monate mehr Zeit für die Abgabe ihrer Steuererklärung erhalten. Türkische Medien berichteten zuvor, Banken verlangten von Geschäftskunden im Südosten wegen der unsicheren Lage eine schnelle Rückzahlung von Krediten.
Die konservativ-islamische Regierung ebenso wie Staatspräsident Tayyip Erdoğan bekräftigen, die Militäroperationen würden so lange dauern, bis die PKK zerstört sei. Die Arbeiterpartei Kurdistans kämpft seit den 1980er-Jahren um eine Autonomie für die kurdische Minderheit in der Türkei. (Markus Bernath, 22.12.2015)