Bild nicht mehr verfügbar.

Ob Kevin Beresford auch diesen deutschen Kreisverkehr kennt, ist nicht überliefert. Fest steht, dass sich der Roundabout-Liebhaber nicht nur mit den britischen Exemplaren auseinandersetzt.

Foto: EPA/STEFAN RAMPFEL

Ein Mann und sein Hobby: Kevin Beresford.

Foto: privat

Er müsse eine Lanze für langweilige Männer brechen, sagt Kevin Beresford und gluckst vor Vergnügen. Im vergangenen Jahr zierte der 62-jährige Engländer nämlich den Kalender der "ödesten Männer Großbritanniens" als Mister Jänner, im Frühjahr kam es zu einer Versammlung sämtlicher Pin-ups. "Und wissen Sie, was", triumphiert der vermeintliche Oberlangweiler: "Die waren ziemlich charismatisch!" Ihr Label hatten die Herren nur wegen ihrer nicht sonderlich inspirierenden Hobbys erhalten. Das findet Beresford nicht fair; immerhin wird auch vom legendären Pop-Charmeur Rod Stewart erzählt, dass er nur ungern ohne seine Modelleisenbahn verreise.

Beresfords besonderes Interesse gilt einer weithin unterschätzten Errungenschaft der menschlichen Zivilisation: dem Kreisverkehr, auf Englisch "roundabout". Stundenlang kann er die Unterschiede erläutern zwischen einer "griechischen Insel", also einer von Autoabgasen eingehüllten klassischen Statue, und einem "Crusoe", womit ein reichhaltig bewachsenes Umrundungsareal gemeint ist.

Von Insel zu Insel

Wenn Kreisverkehrenthusiasten einen Tag lang ihre Lieblinge besuchen, spricht man vom "Insel-Hopping". Übrigens haben Beresford zufolge die Anhänger seines anspruchsvollen Hobbys gewisse Ähnlichkeit mit dem klassischen Eisenbahnfan, seien also gern im farblich unauffälligen Anorak gekleidet sowie mit Kamera und Thermosflasche ausgerüstet.

Die Ergebnisse ihrer Expeditionen besprechen Roundabout-Kenner wie Beresford gern im Pub. Und weil auch auf der Insel das Vereinswesen gepflegt wird, trifft man den 62-Jährigen einmal im Monat auf der Versammlung der "Gesellschaft zur Würdigung des Kreisverkehrs" im Pub Bramley Cottage zu Redditch, einer mittelgroßen, durchschnittlichen, unauffälligen, kurz gesagt, etwas langweiligen Stadt bei Birmingham.

Ehe geopfert

Gründer Beresford ist nicht einfach nur der Vorsitzende der Gesellschaft – seine Mitstreiter nennen ihn ehrfürchtig "Herr der Ringe". Die Abwesenheit von Frauen in seinem Club bedauert Beresford. Andererseits müsse man seinem Hobby manchmal auch Opfer bringen, so sei das eben.

Seine damalige Frau jedenfalls habe den Herrn der Ringe auf den gemeinsamen Urlaubsreisen zur Verzweiflung getrieben. "Sie lag immer nur am Pool", erinnert er sich. "Währenddessen war ich unterwegs, um Fotos von Roundabouts zu machen." Selbst das schöne Ergebnis, verewigt in Kalendern wie "Die besten Roundabouts Großbritanniens" oder "Kreisverkehr weltweit" konnte den ehelichen Frieden nicht wahren. Seit der Scheidung fühlt sich Beresford befreit: "Wenigstens hindert mich niemand mehr am Besuch von Kreisverkehren."

Geistesblitz

Auf den Geschmack kam der Besitzer einer kleinen Druckerei vor einigen Jahren. Die örtlichen Kunden warteten schon auf den alljährlichen Werbekalender, da traf Beresford ein Geistesblitz: Warum nicht lokale Sehenswürdigkeiten?

Und da Redditch mit denkwürdigen Hochbauten kaum gesegnet ist, wandte der Unternehmer seinen Blick auf die Tiefbauten. Kreisverkehre gibt es in der nach dem Zweiten Weltkrieg rapid gewachsenen Stadt praktisch an allen Kreuzungen. Das Druckwerk erregte die Aufmerksamkeit eines landesweiten Chatshow-Moderators, und Beresford hatte seine Berufung gefunden.

Wandelndes Lexikon

Nun weiß er nicht nur, dass der Kreisverkehr 1903 aus der Taufe gehoben wurde, natürlich in New York; dass die Franzosen weltweit die meisten Kreisel vorweisen können, gekrönt von dem als Arc de Triomphe bekannten Roundabout. Und dass es auf der australischen Insel Tasmanien eine Verkehrsinsel mit einem Brunnen gibt, dessen Wasser nachts die Farbe wechselt.

Beresford kann auch jene wissenschaftliche Studie aus Pennsylvania nacherzählen, die den Wert seiner Lieblinge nachwies. Roundabouts verflüssigen den Verkehr, sparen bis zu 40 Prozent Benzin, verringern Unfälle um 35 Prozent und tödliche Zwischenfälle sogar um 90 Prozent.

Das soll langweilig sein? Da kann Beresford nur lachen. Er selbst lebt mittlerweile zwar allein, berichtet der Kreisverkehrkenner. Aber man solle die Attraktivität seiner uninspirierenden Geschlechtsgenossen nur ja nicht unterschätzen: "Frauen fühlen sich eigentlich ganz wohl mit öden Männern. Auf die ist wenigstens Verlass!" (Sebastian Borger aus London, 28.12.2015)