Am Tag nach dem Tod des mächtigen Kommandanten der "Armee des Islam" bei Damaskus meldete sich der Syrien-Sondergesandte der Uno zu Wort und bestätigte damit indirekt die Befürchtungen: Die "Entwicklungen am Boden" dürfen den Start der Syrien-Gespräche in Genf nicht infrage stellen, sagte Staffan de Mistura und legte den 25. Jänner als "Zieldatum" fest. Seine Botschaft richtet sich nicht nur an jene ausstiegsbereiten Rebellengruppen, die ohnehin mehr unwillig als freiwillig nach Genf gehen, sondern auch an deren Schutzmächte, im Fall des getöteten Zahran Alloush besonders an Saudi-Arabien.

Nun gibt es also schon einen Termin für die potenziellen Verhandler, deren Namen und teilweise auch Zugehörigkeiten noch niemand kennt. Wenn spekuliert wird, dass die "Armee des Islam" nach dem Tod Alloushs die Gespräche boykottieren könnte, ist das eine Vereinfachung einer noch viel komplexeren Situation. Für das syrische Regime, die iranische Regierung und Russland, das in Syrien das Heft in die Hand genommen hat, war Alloush ein Terrorist, der gar nicht am Verhandlungstisch sitzen sollte. Und der Tötungsschlag war eine wohlgeplante Operation, der eine Menge Geheimdienstarbeit vorausging.

Überraschend sind diese Versuche, Tatsachen zu schaffen, nicht. Vor Verhandlungen werden auch Waffenstillstände prinzipiell nicht leichter, sondern schwieriger, selbst wenn lokal begrenzte Arrangements gelingen mögen. Bis zum letzten Moment versuchen alle Kriegsparteien Terrain zu gewinnen. Russland bekämpfte von Beginn seines syrischen Engagements an nicht nur den "Islamischen Staat" (IS) und die zu Al-Kaida gehörende Nusra-Front – die einzigen Organisationen, die mit Sicherheit nicht in Genf sein werden -, sondern schafft dem Assad-Regime auch gegenüber anderen Gruppen militärische Vorteile.

Eine zusätzliche Dimension bekommt dieser Kampf durch die Entwicklung, dass der IS, der am Samstag einen strategisch wichtigen Damm aufgeben musste, nun erstmals deutliche Schwächen zeigt. Das sind gute Nachrichten, aber mit Konkurrenz unter den Rebellen, die alle davon profitieren wollen, ist zu rechnen. Für den IS ändert sich die Lage auch insofern, als gleichzeitig im Irak Rückzugsgebiet verlorengeht. Aber Siegesmeldungen sind verfrüht – besonders angesichts der Tatsache, dass der IS seinen Krieg nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch mit den Waffen des Terrorismus führt. (Gudrun Harrer, 28.12.2015)