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Ellsworth Kelly verstarb im Alter von 92 Jahren.

Foto: EPA/PETER FOLEY

New York – "Zur Hölle mit den Bildern an der Wand", meinte Ellsworth Kelly einmal, "die Bilder sollten die Wand sein." Auf eine solche Umdeutung hatte es der US-Amerikaner auch abgesehen, als er 1966 sein Yellow Piece schuf: Was er da aufhängte, war keine Leinwand, auf der etwas zu sehen gewesen wäre, sondern eine einheitlich gachgelbe Form, die mit ihren abgerundeten Ecken allenfalls an eine Leinwand erinnerte. Wer diese Arbeit verstehen will, der muss sich darauf einlassen, die Wand als Bildhintergrund zu sehen.

Kelly wurde erst allmählich verstanden. Heute gilt er als Maler-Ikone, 2013 wurde ihm von Präsident Obama die National Medal of Arts verliehen. Die New Yorker Kunstwelt der 1950er-Jahre, dominiert von Jackson Pollock und Abstraktem Expressionismus, zeigte sich ihm gegenüber "very tough", sein Festhalten an der klaren Linie musste sich wunderlich ausnehmen.

Anonym wie die alten Meister

Farben und Formen sollten sich keinesfalls durchdringen in seinen geometrisch-abstrakten Bildern, sondern in höchster Klarheit nebeneinanderstehen. Zu "persönlich" sei ihm die Kunst der 1950er durchwegs gewesen, meinte er einmal. Mit seinen Hard-Edge-Bildern habe er lieber "anonyme Arbeiten" schaffen wollen, "wie die alten Meister".

Deren Geist hatte er nicht zuletzt bei seinem Aufenthalt in Paris geatmet. Für das Studium an der École nationale supérieure des beaux-arts interessierte sich Kelly allerdings weniger denn für das Kunstleben der Metropole. Prägende Begegnungen erlebte er etwa mit Hans Arp oder Constantin Brâncuși.

Ab 1970 lebte Kelly, der später auch die Skulptur für sich entdeckte, in Spencertown nördlich von New York, inmitten von Wald. Zuletzt fiel ihm das Arbeiten schon schwer, was er einmal lakonisch damit kommentierte, dass seine Ideen eigentlich ohnehin immer schon zu groß gewesen seien für die Verwirklichung. Entscheidend war ihm der Kunstgriff, das Flüchtige beständig zu machen: "Ich glaube, was wir alle von der Kunst erwarten, ist ein Gefühl von Beständigkeit, dass sie dem Chaos des Alltags entgegenwirkt. Natürlich ist das eine Illusion. Die Leinwand verrottet, die Farbe verändert sich. Und trotzdem versuchst du, die Welt einzufrieren, als ob du sie haltbar machen könntest." Jetzt ist Ellsworth Kelly im Alter von 92 Jahren in Spencertown gestorben. (Roman Gerold, 28.12.2015)