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Wegen angeblicher Forderungen nach einer kurdischen Selbstverwaltung wird gegen HDP-Chef Selahattin Demirtaş ermittelt.

Foto: REUTERS/Maxim Shemetov

Ankara/Athen – Die Staatsanwaltschaft in Ankara und in Diyarbakir hat am Dienstag Ermittlungen gegen den Co-Vorsitzenden der kurdisch orientierten Minderheitenpartei HDP (Partei der demokratischen Völker) Selahattin Demirtaş eingeleitet. Der Schritt war erwartet worden und dürfte auch den populären 42-jährigen Politiker nicht überrascht haben. Demirtaş hatte am Montag auf einer Veranstaltung in Diyarbakir von einer politischen Autonomie der Kurden in der Türkei gesprochen. Das kann ihm die Justiz als strafrechtlichen Tatbestand auslegen.

Die rechtlichen Schritte gegen den Kurdenführer und früheren Präsidentenkandidaten kommen zu einem Zeitpunkt, zu dem das türkische Militär und Spezialeinheiten der Polizei in die schwersten Auseinandersetzungen mit der kurdischen Untergrundarmee PKK seit den 1990er-Jahren verwickelt sind. Seit Wochen gelten Ausgangssperren in einer Reihe mehrheitlich kurdischer Städte im Südosten des Landes, wo sich Kämpfer der verbotenen "Kurdistan Arbeiterpartei" (PKK) verschanzt haben. Zehntausende Bewohner sind geflohen, die Wirtschaft steht zum Teil still. Meldungen über Zivilisten – auch Kinder –, die erschossen werden, und Sicherheitskräfte, die bei der Explosion von Sprengfallen getötet werden, wechseln sich täglich ab.

"Dieser Widerstand wird mit einem Sieg gekrönt", sagte Demirtaş laut türkischen Medien in Diyarbakir. "Die Kurden werden ihren eigenen politischen Willen in ihrer Region haben. Kurdistan wird im nächsten Jahrhundert Realität. Vielleicht werden die Kurden einen unabhängigen Staat haben oder einen föderalen Staat, Kantone und autonome Gebiete." (Markus Bernath, 28.12.2015)