Die Verstaatlichte muss wieder einmal für ideologische Grundsatzdebatten herhalten. Nun ist es die OMV, deren geplante Verbandelung mit der Gazprom für Diskussionen sorgt. Ex-Siemens-Managerin Brigitte Ederer warnte im Standard vor einer Zerschlagung des Energiekonzerns, die Gewerkschaft fordert ein Bekenntnis der Regierung zum Staatsanteil an der OMV. In der Aufregung wird übersehen, was eine öffentliche Beteiligung überhaupt ausrichten kann. Defizitäre Strukturen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zu konservieren? Sicher nicht. Daher wird kein im globalen Wettbewerb stehender Betrieb darum herumkommen, seine Aktivitäten auf gesunde Beine zu stellen.

Was heißt das konkret am Beispiel OMV? Nun, da gilt es nach der Ära von Gerhard Roiss Tabula rasa zu machen. Fehlinvestments bei der Exploration lasten schwer auf der Gruppe – beim jetzigen Ölpreis umso stärker. Bei der Verschuldung und der Ertragslage hinken die Österreicher längst den Top-Konkurrenten hinterher. Nun kann man Gewinnmaximierung hinterfragen, doch bei der OMV geht es längst um mehr: Wer heute ertragsmäßig nicht mithalten kann, wird übermorgen untergehen.

Als Nächstes stellt sich die Frage, wo der Konzern künftig nach Öl und Gas bohren soll. Russland ist von der Kostenseite kaum schlagbar. Auch bei Vertragstreue und Lieferverlässlichkeit gab es mit Gazprom respektive dem Kreml nie Probleme. Womit eigentlich nicht viel gegen ein Investment in Russland spricht. Bei der anvisierten Gegenleistung hakt es hingegen. Dass Beteiligungen der OMV – darunter ein Minderheitsanteil an der Raffinerie in Schwechat – im Tausch den Russen offeriert werden, sorgt für Verstörung. Das ist verständlich, hängen an der Anlage doch hunderte Jobs. Allerdings werden diese Arbeitsplätze – mit oder ohne Gazprom – nur zu halten sein, wenn die Raffinerie im Wettbewerb mithält.

Ganz anders ist die politische Dimension des Vorhabens zu bewerten. Vereinbarungen mit dem Reich Wladimir Putins sind angesichts der Ukraine-Krise mit Vorsicht zu genießen, auch wenn der jetzt beabsichtigte Gazprom-Deal nicht von den EU-Sanktionen betroffen ist. Österreich hat sich in den letzten Jahren mit Nord und South Stream, als Embargo-Bremser und mit politischen Putin-Schmeicheleinheiten schon weit aus dem Fenster gelehnt. Die Anbiederung gegenüber Moskau hat den Ruf des Landes im Westen als verlässlicher Partner bereits infrage gestellt. Ein weiterer Kniefall wäre irreparabel.

Doch zurück zum Thema Staatsbeteiligungen. Die Regierung sollte einmal klären, was volkswirtschaftlich oder industriepolitisch schützenswert wäre. Diese Aufgaben sollte sie dann am besten gleich direkt wahrnehmen und nicht über Beteiligungen an Betrieben beeinflussen, die auch Börsenregeln und Corporate Governance verpflichtet sind und Dividenden ausschütten sollen. Wer meint, Telekomleitungen, Stromnetze, Gaspipelines, Tabakfabriken oder Raffinerien seien für ein Land strategisch bedeutsam, der sollte sie auch gänzlich in staatliche Obhut legen.

Da kennt sich Ederer als Aufsichtsratspräsidentin der ÖBB ja gut aus. Dort pumpt der Steuerzahler jährlich Milliarden in Infrastruktur und andere Bereiche. Nach der verunglückten ÖIAG-Reform wäre die OMV-Debatte ein guter Anlass, einmal grundsätzlich zu klären, was staatliche Aufgaben sind. Und was sie kosten dürfen. (Andreas Schnauder, 28.12.2015)