Unmittelbar nach der Urteilsverkündung trat Israels ehemaliger Regierungschef Ehud Olmert vor die Presse. Trotz Schuldspruchs zeigte sich Olmert erleichtert.

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In Israel sind über die letzten zwanzig Jahre schon reihenweise Spitzenpolitiker verurteilt worden, doch jetzt kommt erstmals ein ehemaliger Ministerpräsident hinter Gitter. Ehud Olmert konnte sich am Dienstag nur damit trösten, dass er in letzter Instanz im Hauptanklagepunkt freigesprochen und seine Strafe von sechs Jahren auf 18 Monate Haft reduziert wurde.

"Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen", sagte Olmert vor der Presse. "Ich habe immer gesagt, dass mir nie Bestechungsgeld angeboten wurde und dass ich nie Bestechungsgeld bekommen habe. Aber wie es meinen lebenslangen Überzeugungen entspricht, respektiere ich die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs." Die israelische Justiz habe ihre Stärke gezeigt, kommentierte Oppositionschef Jizchak Herzog: "Alle sind vor dem Gesetz gleich."

Der ehemals mächtigste Mann im Staat, inzwischen 70 Jahre alt, soll sich am 15. Februar im Maassiahu-Gefängnis in der Stadt Ramle melden. Olmert, früher Chef der Zentrumspartei Kadima, hatte Ende 2008 wegen der Korruptionsermittlungen vom Amt des Regierungschefs zurücktreten müssen, wodurch auch die Verhandlungen mit den Palästinensern zum Stillstand kamen. Vorwürfe, die in mehreren parallelen Verfahren abgehandelt wurden, reichen in die Zeiten zurück, als Olmert Bürgermeister von Jerusalem und später Handelsminister war. Im nun abgeschlossenen Prozess ging es um ein Mam- mut-Wohnbauprojekt in Jerusalem, dessen Entwicklung von Schmiergeldern begleitet worden sein soll.

Vorbereitungen in Haftanstalt

Das Höchstgericht in Jerusalem, das übrigens unter einem arabischen Vorsitzenden tagte, sprach Olmert von der Anklage frei, er habe umgerechnet rund 100.000 Euro Bestechungsgeld zu seinem schwer verschuldeten jüngeren Bruder fließen lassen. Doch Olmert wurde dafür verurteilt, dass er selbst über einen Vertrauensmann rund 12.000 Euro eingesteckt habe.

Die Strafvollzugsbehörde muss nun besondere Vorkehrungen für den hohen "Gast" treffen, der ja in Staatsgeheimnisse eingeweiht ist und von gewöhnlichen Häftlingen ferngehalten werden muss. Durch Zufall wird ihm vielleicht der frühere Staatspräsident Mosche Katzav die Zellentürklinke in die Hand geben. Katzav wurde wegen schwerer Sexualdelikte zu sieben Jahren Haft verurteilt, von denen er vier abgesessen hat. Er könnte im Februar wegen guter Führung vorzeitig freikommen. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, 29.12.2015)