Acht Künstler lud Kurator Gilbert Bretterbauer ein, sich mit einem "unbespielbaren Raum" des Kunsthauses Muerz auseinanderzusetzen.

Foto: Roman Gerold

Mürzzuschlag – Man kann nicht so schnell schauen, wie man im Kunsthaus Muerz auch schon auf Tuchfühlung mit der Kunst ist. Um die Objekte und Installationen in der Ausstellung Der schwierige Raum aus der Nähe zu betrachten, muss man nämlich einen "Fleckerlteppich" von Olaf Nicolai betreten: Rag Rug (2015) nennt sich eine Intervention, für die der Künstler den Boden mit Kreidewasser aufgewaschen hat. Großflächig aufgebrachte grau-weiße Schlieren erwecken den Eindruck, hier hätte sich eine Reinigungskraft gehörig vertan.

Der schlichte Kunstgriff bringt es zunächst mit sich, dass Besucher Tapser hinterlassen. Bemerkenswerter erscheint indes, dass Nicolai einen Teil der Bodenfläche ausgespart hat. Dort sammeln sich nun, quasi komplementär, weiße Schuhabdrücke. Das erinnert ein wenig an die Yin-und-Yang-Symbolik, in der Schwarz und Weiß einander auf ähnliche Weise durchdringen.

Um so treffender mag man diese Assoziation angesichts des Sakralen finden, das dem Walter-Buchebner-Saal anhaftet. Das ist kein Zufall: Das Kunsthaus Muerz mit seiner Stahl-und-Glas-Architektur, konzipiert von Konrad Frey und erbaut um 1990, wurde um und in einer ehemaligen Klosterkirche eingerichtet. Anders als etwa in der Dominikanerkirche Krems, die auf ähnliche Weise als Kulturraum genutzt wird, ihr sakrales Erbe allerdings bewusst in den Vordergrund rückt, wurden hier Zwischendecken eingezogen und Wände mit Holz verkleidet.

Die Eigenheiten des Raums

Die unruhige Decke tut das Ihrige, dass sich der Ausstellungsraum nur bedingt zum neutralen White Cube eignet. Dieser Umstand ist Ausgangspunkt der Schau Der schwierige Raum. Als "unbespielbaren" Ort habe er den Saal immer wieder erlebt, schreibt Kurator Gilbert Bretterbauer. Ein "Spannungsfeld zu kreieren, das diesen Raum überwindet", ist das Ziel seiner Schau, für die er acht Künstler einlud, die Eigenheiten der Umgebung zu reflektieren.

Als ob sie einen anderen, ungleich fragileren Aggregatzustand des Saales darstellen wollte, so nimmt sich Michael Kienzers Installation Haltung Vol 10 (2015) aus: Aus Holzplatten und Metallstreben baute Kienzer ein sich selbst stützendes Arrangement, das nicht nur die Materialien der Umgebung zitiert, sondern vor allem auch die physikalischen Energien spürbar macht, die die Elemente in Form halten. Man mag darin einen Verweis auf jene Kräfte sehen, mit denen ein Raum auf die ausgestellte Kunst einwirkt.

Neu erfunden hat sich Kienzer für das Kunsthaus Muerz freilich nicht, vielmehr hat er seine Serie Haltungen sinnreich fortgesetzt. Ganz ähnlich Heimo Zobernig, der einen "Monolithen" aus mit schwarzem Kunstharzlack überzogenem Karton beisteuerte. Auf den Raum eingegangen ist Zobernig dabei nur insofern, als die Grundfläche seines Quaders (ohne Titel, 2015) exakt einer Bodenfliese nachempfunden ist.

Auf die Enge des Raums verweist indes Christiane Reiters Große dottergelbe Plüschkugel (2015): Das Objekt, mit seiner leuchtenden Farbe ein Kontrapunkt in der durchwegs in Grautönen gehaltenen Schau, könnte wesentlich größere Räume mühelos allein füllen; in Mürzzuschlag ist es in die Ecke gepfercht, suggeriert Weite lediglich.

Freilich, manche Arbeiten wirken ein wenig austauschbar, andere wären außerhalb der Interaktion mit dem Saal kaum so reizvoll. Dennoch gelingt es der atmosphärischen Schau tatsächlich, den "unbespielbaren" Raum zu überwinden. Man kann daraus etwa mitnehmen, dass es oftmals weniger darauf ankommt, neutrale Rahmenbedingungen zu schaffen, als vielmehr auf das Eingehen auf die Gegebenheiten. Das wäre vielleicht nicht die neueste, aber auch bei weitem nicht die schlechteste Botschaft. (Roman Gerold, 30.12.2015)