Blick in Nick Oberthalers Ausstellung "Distinct features of fast oscillations in phasic and tonic rapid eye movement" in der Galerie Emanuel Layr.

Je nach Beleuchtung greller oder weniger grell: Nick Oberthaler, ohne Titel (2015).

Ein Tintenfleck, ein Wasserrand, ein Tropfen, der von einer Fläche rinnt. Alles keine zufälligen Spuren in den Kompositionen von Nick Oberthaler (geb. 1981 in Bad Ischl). Vielmehr sind vermeintliche Fehler wie etwa die verwischten Konturen einer sonst akkuraten Form ebenso bewusste Gestaltungsentscheidungen wie abgerissene Papierkanten, die Wahl von Millimeterpapier als Bildgrund oder das sichtbare Definieren von Bildfeldern bzw. Markieren von Rahmen.

Blatt für Blatt dieser 2009 für das Tiroler Kulturmagazin Quart entstandenen Collageserie scheint dem Betrachter stolz seine Gemachtheit unter die Nase zu reiben. Einerseits spielt Oberthaler mit dem illusionistischen Bildrepertoire, mit Fotografien, Kopien aus Büchern und Journalen, um sie andererseits sofort wieder durch erwähnte Kleckse und Risse als Konstrukte zu entlarven.

Auch sechs Jahre später scheinen den Künstler Fragen zum Wesen von Malerei und Kunst umzutreiben: No Subject No Image No Taste No Matter No Grace No Style ... nannte Oberthaler im Herbst eine Ausstellung in einer Galerie in Kopenhagen. John Cage hatte mit einer Reihe von Verneinungen Robert Rauschenbergs Serie der White Paintings (1953) kommentiert. "... No subject / No image / No taste" begann auch diese, um mit "No idea / No intention / No art ..." zu enden. Wesentlich ist beiden die Ablehnung traditioneller Prinzipien und Funktionen visueller Repräsentation.

Emanzipation vom Papier

In seinen jüngeren Arbeiten, aktuell auch in der Galerie Emanuel Layr zu sehen, emanzipiert sich Oberthaler jedoch vom Medium Papier, dessen fragile, jede Spur unumstößlich bewahrende Qualitäten er schätzt. Bild- und Textzitate verschiedener Herkunft, die in Kombination mit Farbflächen, gestischen Strichen und geometrischen Formen besondere Spannungsverhältnisse eingehen, setzt er nun in mannshohen Formaten (180×100 cm) und etwa in Acryl auf Aluminium um.

Die andere Technik bedingt eine größere Präzision der Formen und daher auch glattere Ergebnisse. Die bisher offensichtlichen Quellen für formale Zitate wie Blockstreifen oder etwa die abstrahierten, aus Dreiecken gebildeten Schleifchen erscheinen nun rätselhaft. Stattdessen macht sich Oberthaler jetzt mehr an der Wahrnehmungssituation zu schaffen: Eine spiegelnd polierte Edelstahltafel rückt Betrachter und Raum in den Blick; die Galerie taucht er zur Hälfte in rotes Neonlicht. Sehr – vielleicht allzu – dezente Kontextkritik anno 2015. (Anne Katrin Feßler, Album, 2.1.2016)