Angeblich sagt einem das Unterbewusstsein recht deutlich, wenn man es zu lang unbeaufsichtigt gelassen hat.

Wenn sich Verschleißerscheinungen am Verschubbahnhof der ungern wahrgenommenen Gefühlslagen einschleichen. Kurzum, wenn der Mistkübel der Wunschimpulse hoffnungslos überfüllt ist.

Das zeigt sich bei jedem anders, bei manchen in hochoriginellen Verlesern oder Versprechern, die ungeniert all das ans Tageslicht befördern, was man gern unter den Teppich der Gnade gekehrt hätte. Da liest beispielsweise ein lieber Freund – schon leicht angenervt von seinem Liebsten und von dessen komplizierten Essenswünschen, aber dennoch widerspruchslos – in Kochbüchern nach, was der Möchtegerngourmet denn nun schon wieder auf seinen Hausmannsteller gezaubert haben möchte. Jeder Vorschlag wird abgelehnt.

Danach folgt zur Abrundung die Rezeptabteilung des STANDARD. Und schon springt ihm ein seltsames Gericht ins Auge: Hapfenfilet mit Marotten-Manderl-Kruste. Nein, das werden wir ihm nicht zubereiten.

Auch ein schöner Augenblick: das Betriebsfest, geleitet von der etwas bauchig ausgeformten, hüftigen und allseits nicht unbedingt beliebten Gruppenmutter. Es folgt der unvermeidliche Augenblick, in dem die Esel volltrunken aufs Eis tanzen gehen müssen.

In näherer Erklärung: jener Moment, in dem die Feiergäste durch Gruppenzwang in peinlich berührte Pärchen gefügt werden, eisern beaufsichtigt von der Geschäftsführerin, die, ganz zum Schluss, bevor der Reigen endgültig losgelegt werden darf, ihr Adlerauge kreisen lässt nach einem geeigneten Opfer für sich selbst. Der letzte paarlos Verbliebene drückt sich währenddessen voller Angstschweiß in die Gardine des Festsaales und sagt leise, aber dennoch für die Näherstehenden gut vernehmlich: "Möge dieser Krug an mir vorübergehen."

Von neurotischer Verschiebung aller Art sind kleine Kinder glücklicherweise verschont. Was aus deren Mündchen kommt, ist zwar viel Gespeicheltes, manchmal ist es jedoch garniert mit brutaler Wahrheit. Das Kind raunte verschwörerisch: "Weißt du, was Papa und Mama nachts im Bett machen?" "Nein", sagte die Tante, bereits im Voraus leicht beschämt. Die Antwort kam mit dem Brustton der Entrüstung: "Die essen Chips!!!" (Julya Rabinowich, 2.1.2016)