Die nordkoreanische Agentur KCNA veröffentlichte Bilder, die jubelnde Bürger zeigen

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In Seoul werden die TV-Nachrichten über Nordkoreas mutmaßlichen neuen Atomtest geschaut.

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Kuo Kai-wen, Direktor des taiwanesischen Seismologie-Zentrums, zeigt auf die Stelle, wo der mutmaßliche Atomtest stattgefunden haben soll.

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Seoul/Pjöngjang/Washington – Nordkorea hat am Mittwoch nach eigenen Angaben erstmals eine Wasserstoffbombe getestet und damit international scharfe Kritik auf sich gezogen. Der Test sei erfolgreich gewesen, hieß es in einer Erklärung im staatlichen Fernsehen. Sollten sich die Angaben bestätigen, wäre das eine neue Eskalationsstufe in dem Konflikt um das nordkoreanische Atomprogramm.

Experten äußerten allerdings starke Zweifel an den Angaben Nordkoreas. Die US-Erdbebenwarte USGS registrierte in der Nähe des nordkoreanischen Atomtestgeländes Punggye-ri einen Erdstoß der Stärke 5,1. Die Stärke der Explosion sei damit deutlich schwächer gewesen, als bei der Zündung einer Wasserstoffbombe zu erwarten sei, sagte der australische Rüstungsspezialist Crispin Rovere.

Die in Wien beheimatete Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) erklärte am Mittwochabend, die Erschütterungen seien mit einer Stärke von 4,8 bis 4,9 sogar schwächer gewesen als bei Nordkoreas bisher letztem Atomversuch 2013.

Zweifel an Test

Der Verteidigungsexperte Bruce Bennett sagte, wenn es sich wirklich um den Test einer Wasserstoffbombe gehandelt habe, dann sei bei der Zündung etwas schiefgegangen. Auch in Südkorea gab es Zweifel. "Es könnte ein Zwischending zwischen Atombombe und Wasserstoffbombe gewesen sein, aber wenn sie keine Beweise vorlegen, können wir ihren Angaben nicht glauben", sagte der Sicherheitsexperte Yang-uk.

"Die US-Regierung kommt zu dem Schluss, dass Nordkorea gestern einen Atomtest unternommen hat", erklärte zwar ein Sprecher des Außenministeriums in Washington am Mittwoch. Allerdings habe es sich laut ersten Analysen wohl nicht um die Zündung einer Wasserstoffbombe.

Wasserstoffbomben verfügen über eine deutlich höhere Sprengkraft als Atomwaffen herkömmlicher Bauart. Nach Angaben der nordkoreanischen staatlichen Nachrichtenagentur wurde eine Mini-Wasserstoffbombe gezündet.

Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye sagte, der Atomtest sei eine Bedrohung für die Sicherheit und Zukunft des Landes. Auch der japanische Regierungschef Shinzo Abe verurteilte den Test als "ernsthafte Bedrohung" für sein Land.

Dringlichkeitssitzung der Uno

Die 15 Mitgliedstaaten des mächtigsten UN-Gremiums einigten sich bei einer Dringlichkeitssitzung am Mittwoch in New York darauf, "zusätzliche Maßnahmen" zu ergreifen. Die Arbeiten an einer entsprechenden Resolution sollen demnach umgehend beginnen.

Uruguays UN-Botschafter Elbio Rosselli, dessen Land in diesem Monat den Vorsitz des Sicherheitsrats innehat, ließ offen, ob es sich bei den angedrohten Maßnahmen um Sanktionen handeln werde. Aus Diplomatenkreisen hieß es aber, dass eine Ausweitung der Sanktionsliste für nordkoreanische Vertreter erwogen werde.

Das international weitgehend isolierte, stalinistisch geführte Nordkorea hatte bereits in den Jahren 2006, 2009 und 2013 Atomwaffentests unternommen und damit jedes Mal internationale Empörung ausgelöst und immer weitere UNO-Sanktionen auf sich gezogen. Im Dezember hatte Kim dann erstmals angedeutet, dass sein Land eine Wasserstoffbombe besitze.

Kim ordnete Test persönlich an

Laut dem nordkoreanischen Staatsfernsehen ordnete Diktator Kim Jong-un den Test einer Wasserstoffbombe vor drei Wochen persönlich an. "Lasst uns das Jahr 2016 mit dem aufregenden Geräusch unserer ersten Wasserstoffbombenexplosion beginnen, damit die ganze Welt aufschauen wird zu unserer sozialistischen, atomar bewaffneten Republik und der großartigen Arbeiterpartei Koreas", hieß es in einer handschriftlichen Botschaft neben seiner Unterschrift, die gezeigt wurde.

Kritik auch aus China

Auch China, trotz Distanzierung Nordkoreas wichtigster Verbündeter, äußerte sich kritisch. Peking sei "entschieden gegen" den Atomtest, sagte Außenamtssprecherin Hua Chunying. Der nordkoreanische Botschafter in Peking wurde herbeizitiert. Das Außenministerium in Moskau reagierte empört: "Solche Aktionen können die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel, die das Potenzial zu einer militärpolitischen Konfrontation haben, zur Eskalation bringen", sagte Sprecherin Maria Sacharowa laut Agentur Interfax.

In Brüssel sprach die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini von "einem schweren Verstoß" gegen Nordkoreas Verpflichtung, "keine Atomwaffen zu produzieren oder zu testen". Auch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) verurteilte den Test "auf das Schärfste": Nordkorea habe sich durch so verantwortungslose Schritte nur noch tiefer ins internationale Abseits gestellt.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, mit seinem Verhalten stelle sich Nordkorea gegen Resolutionen des Uno-Sicherheitsrates und "die Grundsätze der Völkergemeinschaft". Während Steinmeier meinte, die internationale Gemeinschaft müsse darauf "entschlossen und deutlich" reagieren, mahnte Kurz zu "Besonnenheit und Diplomatie". Auch der britische Außenminister Philip Hammond sprach sich dafür aus, die von Nordkorea abgebrochenen Sechs-Parteien-Gespräche über das nordkoreanische Atomwaffenprogramm wieder aufzunehmen.

Südkorea fordert Bestrafung

Südkorea kündigte an, alle erforderlichen Schritte einzuleiten, um sicherzustellen, dass das Regime in Nordkorea bestraft werde. Dabei kämen vor allem internationale Sanktionen in Betracht, sagte Präsidentin Park. Zwischen dem kommunistischen Norden und dem demokratischen Süden herrscht seit Jahrzehnten formell noch Kriegszustand.

Nach dem Test am Mittwoch hieß es im staatlichen Fernsehen, Nordkorea werde seine Atom-Kapazitäten weiter ausbauen. Solange die Rechte des Landes geachtet würden, würden aber keine Atomwaffen eingesetzt. Es gehe allein um Selbstverteidigung. Solange die USA ihre feindliche Politik gegenüber Nordkorea nicht aufgebe, werde das Land auch sein Atomprogramm nicht beenden. In einer Miniaturversion könnten H-Bomben auf Marschflugkörpern transportiert werden, das wäre eine neue Bedrohung für die USA und ihre Verbündeten Japan und Südkorea. (APA, 6.1.2016)