Saurichthys costasquamosus – hier im UV-Licht – zum Todeszeitpunkt nur rund 30 Zentimeter lang. Möglicherweise handelte es sich um ein Jungtier.

Foto: UZH

Die Untersuchung des Verdauungstraktes offenbarte einen geraden Magen und einen spiralförmigen Darm, in dem sich noch die Überreste seiner letzten Mahlzeit, ein kleiner Knochenfisch der Gattung Luganoia, befanden.

Illu.: Marcelo Sánchez et al/ Universität Zürich

Zürich – Wie uns einschlägige TV-Serien gelehrt haben, lassen sich mithilfe des Mageninhalts von Mordopfern Kriminalfälle klären. Ähnliches würden sich auch Paläontologen häufiger wünschen, denn woraus die letzte Mahlzeit eines urzeitlichen Wesens bestand, liefert in der Regel unschätzbare Hinweise auf die Lebensumstände der betreffenden Kreatur. Leider bleiben nur in den seltensten Fällen Weichteile erhalten, von dem was sich in den Verdauungstrakten befand ganz zu schweigen.

Umso glücklicher waren Forscher daher über ein entsprechendes Fossil, das in der Lagerstätte Monte San Giorgio im Schweizer Tessin, einer der weltweit wichtigsten Fundstellen für marine Fossilien aus der Mitteltrias, freigelegt wurde: Paläontologen der Universität Zürich entdeckten nun bei der Untersuchung der rund 240 Millionen Jahre alten Überreste eines Raubfisches der Gattung Saurichthys nicht nur dessen letzte Beute, sondern konnten auf dieser Grundlage auch auf die ursprüngliche Anatomie seines Darms schließen – und diese war offenbar spiralförmig. Der Befund hat weitreichende Bedeutung: Ein solcher Spiraldarm ist nämlich jenem von Haien und Rochen sehr ähnlich. Die Wissenschafter schließen damit eine Wissenslücke über die Evolution des Magen-Darm-Traktes von Wirbeltieren.

Um die evolutionäre und funktionelle Tragweite ihrer Beobachtungen, die mithilfe von Untersuchungen mit UV-Licht gelang, zu untermauern, haben die Forscher um Marcelo Sánchez einen großen Datensatz über ausgestorbene und existierende Fische zusammengetragen. "Wir führten außerdem statistische Analysen durch, die unbekannte Muster der Verteilung der Darmstruktur offenbarten", erklärt Sánchez. All dies führte schließlich zur Erkenntnis: Saurichthys costasquamosus, ein langestreckter bis zu 80 Zentimeter großer Knochenfisch mit schnabelartigen Kiefern, besaß einen geraden Magen und einen spiralförmigen Darm.

Übereinstimmung mit Hai und Rochen

Die Ergebnisse der Zürcher Paläontologen liefern eine bemerkenswerte Übereinstimmung zur Magen-Darm-Anatomie der heute lebenden Hai- und Rochenarten: "Die Anatomie des Magen-Darm-Traktes von Saurichthys, insbesondere die vielen Windungen im Spiraldarm, zeigen, wie die ursprünglichsten Verdauensorgane der früheren Fischen aufgebaut waren", meint Thodoris Argyriou, Doktorand am Paläontologischen Institut und Museum der Universität Zürich.

Die Entdeckung lässt auch Schlüsse auf die Lebensumstände des Raubfisches zu: Der Spiraldarm von Saurichthys weist demnach auf einen gleichsam "energiegeladenen" Lebensstil hin, der an das Raubtier- und Reproduktionsverhalten der Gattung angepasst war. "Die große Anzahl an Windungen hat die Fläche für das Verdauen vergrößert, was dem Fisch sicherlich mehr Energie zugänglich gemacht hat", sagt Argyriou. (red, 10.1.2016)