Salzburg – Für Illahi A. aus Pakistan war der Traum vom besseren Leben in Deutschland am 30. Dezember vergangenen Jahres endgültig vorbei. Nach wochenlanger Reise wurde der 35 Jahre alte Mann von den deutschen Behörden zurückgewiesen und wieder nach Österreich gebracht, allerdings nicht ohne Illahi A. vor der Zurückweisung noch 80 Euro als "Sicherheitsleistung zur Sicherung der Rückführungskosten" abzunehmen.

So wie dem aus der Millionenmetropole Gujranwala Stammenden geht es derzeit vielen Flüchtlingen, die von den Deutschen nicht als Asylwerber anerkannt werden. Gemäß Paragraf 66 des deutschen Aufenthaltsgesetzes wird den Zurückgewiesenen eine Sicherheitsleistung vorgeschrieben. Wer Geld hat, muss sofort bezahlen, bevor er mit einem Polizeibus nach Österreich zurückgeführt wird. Bei den dem STANDARD vorliegenden Bescheiden handelt es sich um Beträge von um die 80 Euro pro Person.

Straftaten

Es gibt aber auch Fälle, bei denen es sich um 300 oder um 800 Euro handelte. Ein Marokkaner musste sogar 1.200 Euro bei seiner Zurückweisung zahlen. In diesen Fällen dürften freilich auch noch andere Straftaten – etwa das Vorlegen gefälschter Ausweispapiere – bei der Bemessung eine Rolle gespielt haben.

Berichte, denen zufolge Flüchtlingen ohne Geld von den Behörden einfach die Handys abgenommen worden seien, konnten vom STANDARD nicht verifiziert werden. Das bayerische Innenministerium verwies auf Anfrage an die Bundespolizei.

Die für Freilassing zuständige Stabsstelle in Rosenheim konnte über die Art und die Anzahl der Verfahren auch keine Auskunft geben und verwies ihrerseits zur Bundeszentrale in Potsdam. Dort war am Montag niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

50 Rückführungen täglich

Etwas auskunftsbereiter ist da das österreichische Innenministerium. Pro Tag würden an den Grenzübertrittstellen zu Bayern von den deutschen Behörden derzeit etwa 50 Personen nach Österreich zurückgewiesen, sagt der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck.

Diese kämen dann in Österreich in ein Asylverfahren, so sie hier um Asyl ansuchen. Alle anderen Fälle würden individuell behandelt. Die Maßnahmen reichten von "der Aufforderung zur Ausreise" bis zur weiteren Abschiebung.

Nach Angaben der oberösterreichischen Polizei sind die Zahlen weitaus höher. Seit Jahreswechsel seien täglich "rund 200 Flüchtlinge von Deutschland nach Oberösterreich zurückgeschoben worden, Tendenz steigend", sagte die oberösterreichische Polizeisprecherin Simone Mayr-Kirchberger am Montag.

Drei Kilometer

Dass den Flüchtlingen – auch als Ersatz für die Kosten der Einvernahme – überhaupt Geld abgenommen werden kann, liegt an der Konstruktion des Grenzübertritts: Die zwischen Deutschland und Österreich auf höchster Ebene akkordierte Praxis sieht vor, dass die deutschen Behörden die Flüchtlinge an der Grenze übernehmen und in ein Aufnahmezentrum bringen.

In Salzburg beispielsweise werden so bis zu 50 Personen in der Stunde zu einem aufgelassenen Möbelhaus in Freilassing gebracht.

Dieses liegt drei Kilometer hinter der Grenze, und somit macht sich der Flüchtling des illegalen Grenzübertrittes schuldig. Fände die Amtshandlung unmittelbar auf der Saalachbrücke zwischen der Stadt Salzburg und Freilassing statt, würde das Aufenthaltsgesetz nicht greifen, sagen Flüchtlingsberater aus Salzburg.

Staatliche Leistung

Österreich ist bei Rückschiebungen und Zurückweisungen übrigens kulanter. Die Abschiebung sei eine staatliche Leistung, es werde nichts verrechnet, sagt Ministeriumssprecher Grundböck. (Thomas Neuhold, 11.1.2016)