Arlene Foster, Nordirlands erste Regierungschefin, mit Vorgänger Peter Robinson (li.).

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Belfast/London – Zum ersten Mal in der Geschichte Nordirlands leitet eine Frau die Regierungsgeschäfte. Das Regionalparlament von Belfast bestimmte am Montag die Vorsitzende der unionistischen DUP, Arlene Foster, als Leiterin der Allparteienregierung von Nordirland. Stellvertreter bleibt der katholisch-republikanische Martin McGuinness von Sinn Féin. Ihre Heimat solle ein Vorbild sein, sagte die neue Ministerpräsidentin: "Indem frühere Feinde zusammenarbeiten, machen wir Nordirland zu einem Ort, auf den wir stolz sein können."

Was anderswo längst langweilig klingt, stellt im britischen Nordteil der Grünen Insel, im vergangenen Jahrhundert Schauplatz eines blutigen Bürgerkriegs, noch immer einen erheblichen Schritt dar. Wichtiger noch als Arlene Fosters Geschlecht ist die Art und Weise, wie die Rechtsanwältin über Politik redet. Die 45-Jährige steht als Nachfolgerin von Peter Robinson nicht nur für einen Generationenwechsel; sie verkörpert auch die Abkehr der Nordiren vom langjährigen Hader der Konfessionen, vom Dauerkonflikt zwischen dem irischen und dem britischen Charakter des wunderschönen Landstrichs und seiner Bewohner.

Kind des Bürgerkriegs

Die Gräuel des Bürgerkriegs zwischen den protestantischen Anhängern der Union mit Großbritannien und den irisch-katholischen Republikanern hat Foster hautnah zu spüren bekommen. Die Bauerstochter aus der malerischen Grafschaft Fermanagh war acht, als die Terrortruppe IRA ihren Vater, einen Hilfspolizisten, niederschoss. Mit 17 saß sie in einem Schulbus, in dem die IRA eine Bombe deponiert hatte. Eine 15-jährige Mitschülerin wurde schwer verletzt. Der Busfahrer, als Teilzeitsoldat das eigentliche Angriffsziel, kam mit leichten Verletzungen davon.

Wenige Jahre später hörte der Studentenclub der UUP an Belfasts Queens-Universität auf das Kommando der Jusstudentin, und auch in der Jugendorganisation der Partei machte Foster Karriere.

In Opposition

UUP-Chef David Trimble gehörte 1998 zu den Architekten des Karfreitagsabkommens, das den Friedensprozess institutionalisierte. Während sich Trimble international feiern ließ, den Friedensnobelpreis erhielt, erster nordirischer Ministerpräsident wurde, blieb Foster in der Opposition – zunächst parteiintern, von 2004 an als Mitglied der radikaleren Unionistentruppe DUP, die Fundamentalistenprediger Ian Paisley gegründet hatte.

Als die DUP an der UUP vorbeizog und 2007 die Leitung der Allparteienregierung übernahm, gehörte Foster zum Kabinett – gewissermaßen als Ausnahmeerscheinung im männerdominierten Kabinett. In den Ressorts Umwelt, Wirtschaft und zuletzt Finanzen bewies die verheiratete Mutter von drei Kindern administrative Geschicklichkeit, Durchsetzungsvermögen und Kooperationsbereitschaft.

Die Zusammenarbeit mit ihrem Stellvertreter, dem einstigen IRA-Mann McGuinness, wird Foster sicher gelingen. Ihre große Bewährungsprobe steht im Mai bevor: Dann wählen die Nordiren ihr Regionalparlament neu – wieder ein Schritt auf dem langen Weg zur Normalität. (Sebastian Borger, 11.1.2016)