Frauen und Männer protestieren nach den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht in Köln.

APA/Oliver Berg

Feministinnen aus Deutschland und Österreich haben sich unter dem Motto #Ausnahmslos zusammengeschlossen und ein Statement gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus initiiert, das am Montag veröffentlicht wurde.

Im Zuge der Berichterstattung über die zahlreichen sexualisierten Übergriffe auf Frauen in der vergangenen Silvesternacht in Köln kam es sowohl von Print- und Onlinemedien als auch in den sozialen Medien zu zahlreichen rassistischen Bildern und Texten, die die Täter als "die Anderen" und die Opfer als "unsere" oder "weiße" Frauen darstellten. Die Initiatorinnen der Kampagne, die sich als Feministinnen aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen beschreiben, betonten in ihrem Statement ausdrücklich ihre langjährige Erfahrung im Einsatz gegen sexuelle Gewalt und dass dieser gezeigt habe, wie zentral der gleichzeitige Kampf gegen Rassismus und andere Formen von Diskriminierung sei.

Instrumentalisierung "für alle schädlich"

"Es ist für alle schädlich, wenn feministische Anliegen von PopulistInnen instrumentalisiert werden, um gegen einzelne Bevölkerungsgruppen zu hetzen, wie das aktuell in der Debatte um die Silvesternacht getan wird", heißt es in dem Schreiben, an dem sich unter anderem #Aufschrei-Mitinitiatorin Anne Wizorek, die Journalistinnen Stefanie Lohaus und Dudu Küçükgöl, Bloggerin Antje Schrupp oder Rapperin Sooke beteiligt haben.

Der Aufruf wurde bisher von mehr als 400 Menschen unterzeichnet, darunter Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD), Claudia Roth (Grüne) und Katja Kipping (Linke), die amerikanische Aktivistin Angela Davis und die britische Autorin Laurie Penny. Aus Österreich haben unter anderem Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) und die Nationalratsabgeordnete Berivan Aslan (Grüne) den Aufruf unterzeichnet.

"Sexualisierte Gewalt darf nicht nur dann thematisiert werden, wenn die Täter die vermeintlich 'Anderen' sind: die muslimischen, arabischen, schwarzen oder nordafrikanischen Männer – kurzum, all jene, die rechte PopulistInnen als 'nicht deutsch' verstehen", heißt es in dem Statement weiter.

Sexuelle Gewalt dürfe nicht nur dann Aufmerksamkeit finden, wenn die Opfer (vermeintlich) weiße Frauen sind. "Der Einsatz gegen sexualisierte Gewalt muss jeden Tag ausnahmslos politische Priorität haben, denn sie ist ein fortwährendes Problem, das uns alle betrifft."

Die Europäische Union für Grundrechte (FRA) erhob 2014, dass mehr als die Hälfte aller Frauen bereits sexuell belästigt wurde und ein Drittel sexualisierte und/oder physische Gewalt erlebte. In Deutschland gibt es jährlich mehr als 7.300 angezeigte Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen, zwanzig jeden Tag. Die Feministinnen fordern unter anderem, dass diese Schutzlücken im Straftatbestand der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung geschlossen werden müssen. In Deutschland wird seit den Übergriffen in Köln eine Reform des Sexualstrafrechts diskutiert, das ähnliche Änderungen enthalten soll, wie sie in Österreich im letzten Jahr in einer Strafrechtsreform vorgenommen wurden.

Weitere Forderungen

Zudem werden in dem Statement Maßnahmen für die Bereiche Gesellschaft und Medien gefordert: etwa öffentliche Aufklärungsarbeit, die Betroffenen signalisiert, dass sie mit gesellschaftlicher Unterstützung rechnen können. Auch eine geschlechtersensible Pädagogik könne (sexualisierter) Gewalt vorbeugen, heißt es in dem Statement. Dazu zähle auch eine Aufklärung über Geschlechterstereotype und die Bedeutung von Sprache.

Die mediale Berichterstattung dürfe Opfer sexualisierter Gewalt "nicht verhöhnen und die Taten nicht verschleiern". Betont wird auch die laufende Verharmlosung sexueller Gewalt durch Formulierungen wie "Sex-Gangster" oder "Sex-Mob" – denn "sexualisierte Gewalt hat nichts mit Sex zu tun hat". Eine weitere gängige Verharmlosung sei es, häusliche Gewalt als "Familien-" oder "Beziehungsdrama" zu bezeichnen.

Schließlich müssten die Redaktionen vielfältiger werden, es müsse sich endlich etwas an den männlichen, heterosexuellen und weißen Chefredaktionen ändern. (beaha, 12.1.2016)