Bis vor kurzem wurden Hunde im Polizeidienst mit Stachelhalsbändern abgerichtet. Durch die neue, schmerzfreie Ausbildung könnte die Stressbelastung der Hunde sinken.

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Salzburg – Bis vor kurzem sind Hunde für den Polizeidienst mit rauen Methoden erzogen worden: Hundeführer und Hundeführerinnen haben Polizeidiensthunde mittels sogenannter negativer Verstärkung abgerichtet. Ein unerwünschtes Verhalten wird dabei beispielsweise mit Hilfsmitteln wie mit dem Korallenhalsband oder Stachelhalsband korrigiert, das den Hund mit seinen nach innen gerichteten Metallstiften im Halsbereich sticht.

Das hat Tierschützer wie den Verein gegen Tierfabriken (VGT) auf den Plan gerufen, der 2013 eine entsprechende Anfrage an das Innenministerium stellte und damit ein Umdenken einläutete. Der Vorwurf, dass Polizeidiensthunde zu Beißmaschinen dressiert werden und als schwer geschädigte Psychokrüppel enden, wog schwer. Seit 2014 wird nun auf Weisung des Innenministeriums nicht mehr mit Schmerz ausgebildet, auch wenn es rechtlich laut Diensthunde-Ausbildungsverordnung in den Fällen, in denen die Hunde unter das Waffengebrauchsgesetz fallen, noch erlaubt ist. Stattdessen wird nun im neuen System mit positiver Verstärkung gearbeitet. Erwünschtes Verhalten wird Schritt für Schritt belohnt und so derart konditioniert, dass die Befehle des Hundeführers auch unter massivem Stress ausgeführt werden.

Paradigmenwechsel

Ein Paradigmenwechsel, das Ende der schwarzen Hundepädagogik quasi. "Es ist den Hundeführern ein Herzenswunsch, ihrem Partner, und das ist der Hund für sie, keine Schmerzen zuzufügen. Das höre ich immer wieder in Gesprächen", sagt Leopold Slotta-Bachmayr, Kommandant der Suchhunde des Roten Kreuzes in Salzburg und Biologe an der Universität Salzburg. Er ist inhalt- lich verantwortlich für das im Dezember 2015 gestartete, vom Verkehrsministerium im Rahmen des Sicherheitsforschungsförderprogramms Kiras unterstützte Forschungsprojekt "Lob versus Strafe", in dem das neue und das alte Ausbildungssystem für Polizeidiensthunde verglichen werden.

Noch fehlt bisher nämlich der wissenschaftliche Nachweis, dass Polizeidiensthunde, die überwiegend ohne Schmerz ausgebildet werden, dieselbe Leistung erbringen können wie Hunde, die mit Strafe korrigiert werden. Ulrike-Gabriele Berninger, Professorin am Fachbereich Ökologie und Evolution der Uni Salzburg und formal Leiterin des Projekts, betont die gesellschaftliche Relevanz der Fragestellung: "Das Thema ist wissenschaftlich und ethisch interessant und brisant. Aber die wenigsten Menschen machen sich – so wie bis vor kurzem auch ich – Gedanken darüber, wie Polizeihunde ausgebildet werden."

Ganz ohne Strafe werde es auch in Zukunft nicht gehen, wenden viele Ausbildner ein. Vor allem bei sehr triebstarken Hunden, die für die Polizeiarbeit besonders qualifiziert sind, sei diese Art der Korrektur erforderlich. Im Falle eines Verbots von Hilfsmitteln zur Durchführung von Strafe werde man eventuell auf die triebstärksten und am besten geeigneten Polizeidiensthunde verzichten müssen, heißt es. Ein Argument, das Leopold Slotta-Bachmayr sehr ernst nimmt. "Die Untersuchung wird zeigen, ob es funktioniert."

Grundlage für die Studie sind die Ergebnisse der Abschlussprüfungen für Polizeihunde aus den letzten zehn Jahren sowie Videos, die Slotta-Bachmayr gedreht hat. Verglichen wird nicht nur die Leistung der Hunde, sondern auch ihre Stressbelastung.

Einsatzdauer verlängern

Informationen über stressbedingte Erkrankungen liefern unter anderem die Krankenakten der Hunde. Dabei rechnet Slotta-Bachmayr mit deutlich besseren Werten im neuen Kurssystem. "Eine geringere Stressbelastung würde die Einsatzdauer von Polizeihunden verlängern und damit die Ausbildung effizienter machen." Derzeit scheiden die Hunde spätestens im Alter von zehn Jahren aus. Durch positives Training könnte das Limit um ein bis zwei Jahre nach hinten verschoben werden, so Slotta-Bachmayr.

Im Projekt geht es aber nicht nur um die Daten der Hunde, sondern auch um die Anforderungen und Einstellungen von Einsatzleitern und Hundeführern. Denn darauf kommt es bei der Ausbildung wesentlich an. Auch rechtliche Rahmenbedingungen und ethische Gesichtspunkte werden evaluiert "Wie kann man die schmerzhafte Ausbildung ethisch rechtfertigen? Mit dem neuen System haben wir dagegen eine dreifache Win-Situation: für die Hunde, die Ausbildner und die Gesellschaft", sagt Slotta-Bachmayr.

In Österreich sind derzeit rund 400 Polizeidiensthunde mit ihren Hundeführern und Hundeführerinnen im Einsatz. Bei der Jagd nach Verbrechern, der Aufklärung von Kriminalfällen, der Suche nach abgängigen Menschen, verlorenen Gegenständen, Brandbeschleunigern, Spreng- und Suchtmitteln oder Waffen. Dafür werden sie in Wien-Strebersdorf und Bad Kreuzen in Oberösterreich speziell ausgebildet. Ob man in Zukunft dabei ganz auf den Schmerz verzichten können wird, sollen die Studienergebnisse bis Ende dieses Jahres zeigen. (Maria Mayer, 15.1.2016)