Göttingen – Seit vergangenen Monat umkreist die Raumsonde Dawn den Zwergplaneten Ceres in ihrer bisher niedrigsten Umlaufbahn. Die am 16. Dezember eingeleitete Orbitphase LAMO ("Low-Altitude Mapping Orbit") brachte das Forschungsinstrument der Nasa bis auf 385 Kilometer an das größte Objekt im Asteroidengürtel heran. Aus dieser Umlaufbahn liefern seine beiden Framing Cameras Bilder mit einer bisher unerreichter Auflösung von 35 Metern pro Pixel.

Die Auswertung der jüngster Aufnahmen bestätigte unter anderem eine frühere Vermutung: Die Beschaffenheit der beobachteten Einschlagkrater, die auf die Zusammensetzung der oberflächennahen Schichten von Ceres schließen lässt, zeigt, dass sich in nur geringer Tiefe unter der überwiegend aus Gestein bestehenden Oberfläche hart gefrorenes Wassereis befinden muss.

Die lange rätselhaften hellen Strukturen, hier im Krater Occator, sind wahrscheinlich hydrierte Magnesiumsulfate.
Foto: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA

"Viele der Oberflächendetails, die wir seit der Ankunft von Dawn bei Ceres kennen, können wir jetzt mit wesentlich höherer Genauigkeit untersuchen", meint der Leiter des Dawn-Kamera-Teams Andreas Nathues vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen. Eines der kürzlich aufgenommenen Bilder zeigt den etwa 25 Kilometer großen Einschlagkrater Kupalo. Der nach der slawischen Göttin der Fruchtbarkeit benannte Krater zeigt am Rand auffällig helle in radialer Richtung verlaufende Streifen. Auch der Kraterboden zeigt mehrere helle Strukturen.

Anfang Dezember konnten die lange rätselhaften hellen Ablagerungen als Mineralsalze identifiziert werden. Aus dieser Erkenntnis schließen die Forscher, dass sich unter der Oberfläche von Ceres zumindest stellenweise hart gefrorenes Eis befinden. Wird dieses Eis durch Einschläge von Asteroiden freigelegt, kann es allmählich verdampfen, zurück bleibt das ursprünglich im Wasser gelöste Salz. "Die Untersuchung dieser hellen Ablagerungen auf der Oberfläche von Ceres wird eines der Hauptziele für die Dawn-Mission in den nächsten Monaten sein", erklärt Martin Hoffmann, der Mitglied des Dawn-Kamerateams am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung ist.

Die Oberfläche des Kraters Kupalo (Durchmesser etwa 25 km) ist noch wenig verwittert. Vermutlich liegt der Asteroideneinschlag noch nicht allzu lange zurück.
Foto: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA

Der Krater Kupalo hat keinen wie sonst bei Einschlagkratern dieser Größe üblichen Zentralberg. Stattdessen befindet sich in der Kratermitte gleich eine ganze Bergkette, die sich über eine Länge von mehr als sieben Kilometern erstreckt. Ähnliche Bergketten wiederholen sich mehrfach in der Nähe des Kraterrandes. Der übrige Kraterboden ist auffällig flach und zeigt keine Anzeichen von kleineren später entstandenen Einschlagkratern, was auf ein vergleichsweise geringes Alter von Kupalo hindeutet. Auffällig ist weiterhin sein nicht-kreisförmiger Kraterrand.

Der 35 Mal 35 Kilometer große Ausschnitt des Kraters Dantu mit einem Durchmesser von 125 Kilometer zeigt ein dichtes Netzwerk von Brüchen.
Foto: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA

Ein anderer Krater, Dantu, erscheint auf den Bildern dagegen auffällig flach und besitzt ein Netzwerk von Brüchen, wie es sie in ähnlicher Form auch in Kratern auf unserem Erdmond gibt. "Bei ihrer Entstehung ist wahrscheinlich entscheidend, dass die äußeren Schichten von Ceres nicht durchgehend aus hartem Gestein bestehen. Beim Einschlag des Asteroiden wurde Wassereis unter der Oberfläche zumindest teilweise geschmolzen" erklärt Hoffmann. "Kühlt es sich anschließend ab, kann es sich stark zusammenziehen und eine Vielzahl von Rissen bilden".

Der Krater Messor hat einen Durchmesser von 42 Kilometer und überlagert im rechten Bildbereich einen älteren Krater.
Foto: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA

Der Krater Messor zeigt eine sehr ungewöhnliche Form. Sein Rand ist wie auch derjenige von Kupalo unregelmäßig geformt und der Kraterboden zeigt deutlich wellenförmige Muster. Messor ist einem älteren Krater überlagert, dessen Überreste noch zu erkennen sind. Bei Messor fehlt ein wie sonst bei Einschlagkratern dieser Größe üblicher Zentralberg und sein Rand ist auffällig unregelmäßig geformt. Die Häufigkeit von kleineren Einschlagkratern am Boden von Messor ist nur unwesentlich geringer als außerhalb des Kraters, was auf ein hohes Alter dieses Kraters hindeutet.

Dieser noch unbenannte Einschlagkrater zeigt wellenförmige Strukturen am Kraterboden und besitzt einen deutlichen Zentralberg.
Foto: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA

Ein weiterer etwa 30 Kilometer großer bisher unbenannter Krater besitzt einen ausgeprägten Zentralberg sowie auffällige Terrassen, die sich über den gesamten Kraterboden erstrecken. Auch diese Strukturen deuten darauf hin, dass hier ein Asteroid in Material eingeschlagen ist, das direkt nach dem Einschlag eine hohe Mobilität gehabt hat, wie etwa Wassereis. (red, 16.1.2016)