In der Universität von Texas realisierte Turrell 2012 den Skyspace "The color inside". 2017 soll in Lech ein weiterer entstehen.

Foto: Florian Holzherr

James Turrell in Lech, September 2014.

Foto: Maria Muxel

Lech am Arlberg – Mit dem Blick der Horizontlinie folgen. Entlang des herrlichen Zickzacks der Berggipfel hüpfen. Versuchen, die Weite des Himmelszelts zu ermessen. Nach Wolken Ausschau halten – des Wetters wegen. Gen Himmel zu schauen, dafür gibt es in den Bergen zahlreiche Gründe. Und wenn es nach dem Verein Horizon Field geht, gibt es in Lech – am Tannegg, einem Hügel oberhalb der Schlosskopfbahn – bald noch einen weiteren: einen Skyspace von James Turrell.

Die Skyspaces des US-amerikanischen Lichtbildhauers Turrell sind Räume, die keinen anderen Zweck verfolgen, als über eine runde, ovale oder rechteckige Öffnung in der Decke den Himmel zu beobachten. Beim Fliegen könne man feststellen, dass "der Himmel nicht nichts ist", so der Künstler 1998 in einem Interview mit dem STANDARD. "Man fliegt durch etwas fast Flüssiges hindurch, die Luft wird zum Material, einem wunderbar intensiv leuchtenden Material." Material, das – je nach Witterung und Tageszeit – in allen erdenklichen Blautönen strahlt. Sogar sein glimmendes Schwarz trage noch alle Farben in sich, schwärmen Leute von der Intensität der Turrell'schen "Tore zum Himmel".

Physische Präsenz von Licht

Es ist diese ebenso meditative wie sinnliche – bisweilen womöglich auch spirituelle – Erfahrung, dass Licht eine physische Präsenz hat, die Turrell mit seinem Publikum teilen will. Und so holen seine Skyspaces den Himmel – wie ein von Architektur gerahmtes Gemälde – hinunter in den Raum, in dem man sich gerade befindet, und lassen einen sich fühlen "wie am Grund eines Meers aus Licht". Streng genommen sind Turrells Himmelsobservatorien also Räume, um Licht bzw. jene Medien, die Licht zum Vorschein bringen, es reflektieren, zu beobachten.

Und Licht ist für den 1943 in Los Angeles geborenen Turrell "Lebenselixier". Schließlich nehme man es über die Haut auf, verarbeite es in Vitamin D. Wir Menschen sind "heliotropisch", sagt der Künstler auch, und meint damit quasi, dass wir wie Pflänzchen sind, die ihre Blätter zur Sonne ausrichten.

Fast überall auf der Welt hat Turrell bereits Skyspaces errichtet – etwa in seinem künstlichen Vulkan Roden Crater in Arizona oder in den argentinischen Anden, wo ihm der Schweizer Mineralwasserfabrikant Donald Hess 2009 ein eigenes Museum errichtete. Und auch in Wien gibt es einen: 1998, als das Mak eine Auswahl von Turrells auch mit der Illusionskraft künstlichen Lichts spielenden Installationen zeigte, entstand im Garten des Museums The Other Horizon. Heute steht das schlichte Wellblechhüttchen, das Eintretende scheinbar die Distanz zwischen Himmel und Erde überwinden lässt, vor der Expositur des Geymüllerschlösschens.

Für das Lecher Projekt dürfte allerdings Zuoz, das 1244 Seelen zählende Dorf, ein exklusiver Wintersportort im Oberengadin, Vorbild gewesen sein. In Lech soll der Skyspace jedoch nicht Teil einer Architektur sein (in Zuoz ist er Teil des Hotel Castells), sondern als eigenständiger Baukörper auf 1780 Metern auf dem Tannegg entstehen, an jenem Ort, den Turrell bei seinem Besuch im Herbst 2014 selbst ausgesucht hat.

Der Plan sieht einen 15 Meter langen Tunnel vor, der in einen überwiegend unterirdisch angelegten, gut fünf Meter hohen, ovalen Lichtraum führt; nur ein guter Meter soll aus der Erde herausschauen. Einen einzigen Bauherrn (etwa die Gemeinde Lech), der das rund 800.000 Euro teure Projekt finanziert, gibt es aber nicht.

Um Sponsoren und Unterstützer bemüht sich daher der Verein Horizon Field, der seit dem gescheiterten Versuch Antony Gormleys Feld aus Eisenmännern fix am Arlberg zu installieren, versucht, ein Projekt mit einem international renommierten Künstler zu realisieren. Gemeinsam mit der Galerie Häusler (Zürich/Wien/Lustenau) organisierte man eine kleine Verkaufsausstellung in der Allmeinde in Lech (der seit 15 Jahren bestehenden privaten Kulturinstitution "Allmeinde – Commongrounds" der Architekten und Hoteliers Gerold und Katia Schneider). Mit auf Papier gebanntem farbigen Licht (Drucke), einem kleinen Hologramm und einer Filmdokumentation führt diese überzeugend in die lichte Welt von James Turrell. (Anne Katrin Feßler, 14.1.2016)