Bild nicht mehr verfügbar.

Publikumsliebling, der besonders mit abgründigen Charakteren zu betören wusste: Der britische Schauspieler Alan Rickman ist an einer Krebserkrankung gestorben.

Foto: EPA/ANDREW COWIE

London – Wenn man an Alan Rickman denkt, fallen einem zuerst die Bösewichte ein. Bösewichte mit dem gewissen Etwas, dieser Ahnung von der eigenen Abgründigkeit, die sie besonders verwegen erscheinen ließ. Hans Gruber beispielsweise, der Terrorist aus Stirb langsam (1988), der zwar nicht perfekt Deutsch spricht, dafür Bruce Willis gekonnt in die Irre führt, indem er schauspielert. Als er das erste Mal auf ihn trifft, bleibt sein Gesicht einen Moment lang ausdruckslos, dann geht er in die Knie und beginnt zu wimmern, er möge ihn verschonen. Ein Akt der Verstellung. Der Täter gibt sich als Opfer aus – mit einem feinen Hauch von Übertreibung.

Diese leicht gespreizte Note in Rickmans Darstellungskunst war eine wirkkräftige Waffe. Sie kam auch in jener Rolle zum Zug, die ihn ab 2001 schon für die nächste Generation zur Berühmtheit machte: als Professor Severus Snape in den Harry Potter-Filmen. In der Figur des mysteriösen Magiers, der stets in Schwarz gekleidet auftritt, scheint nur das blasse Gesicht des Schauspielers hervor. Es konnte zugleich streng und abweisend wie tiefgründig und melancholisch wirken. Etwas nicht Nennbares arbeite in ihm, "er lebt, körperlich und seelisch, innerhalb sehr enger Grenzen", sagte Rickman über Snape einmal.

Liederlicher Verführer

1946 als Kind walisisch-irischer Eltern in London geboren, wuchs Rickman in bescheidenen Verhältnissen auf – sein Vater starb, als er acht Jahre alt war – und wählte zunächst ein Grafikstudium als Ausbildung. Nebenher spielte er jedoch schon Theater, 1972 nahm man ihn an der Royal Academy of Dramatic Art auf. Rickman entwickelte sich rasch zu einem hochrespektierten Bühnendarsteller, auch im Fernsehen machte er in den 1980er-Jahren in der BBC-Serie The Barchester Chronicles in der Rolle eines kriecherischen Politikers Furore.

ABC News (Australia)

Es war ein liederlicher Verführer – ein charakteristischer Rickman-Part, wenn man so will – für den man ihn dann auch in den USA feierte: der Vicomte de Valmont aus Christopher Hamptons Gefährliche Liebschaften. Auch wenn ihm die Rolle im Kino John Malkovich wegschnappte, lieferte sie doch den (eher späten) Startschuss für Rickmans Filmkarriere – mit dem Nachteil, dass sein Rollenprofil schon recht vorgeformt war. Stirb Langsam war sein erster Film, mit dem maliziösen Sheriff von Nottingham in Robin Hood (1991) schien der Brite bereits als Experte für Schurken festgelegt zu sein.

Doch Rickmans Möglichkeiten waren umfassender, und er kämpfte hartnäckig darum, es zu beweisen. Nicht zuletzt an sein komisches Talent sei hier erinnert: In Galaxy Quest (1999), einer Star Trek-Satire, spielt er den Darsteller eines Alien-Commanders, der seine Rolle hassen gelernt hat. Da dieser auch eine Shakespeare-Ausbildung genossen hat, darf man die Rolle durchaus als persönlichen Seitenhieb auf das Showbusiness verstehen.

Dass für ihn auch ein schwermütiger, unglücklich verliebter Gentleman keine große Hürde bedeutete, bewies Rickman dagegen in Ang Lees Jane-Austen-Verfilmung Sense and Sensibility (1995). Ein Part, in der seine Kunst der sprachlichen Nuancierung, diese ungemein eindringliche, leicht sägende Stimme, besonders gut zur Geltung kommt. Wichtig war ihm auch das Epos Michael Collins, in dem er an der Seite von Liam Neeson den Kopf der irischen Untergrundbewegung, Eamon De Valera, verkörperte.

Als öffentliche Figur blieb Rickman stets ein politischer Geist, Labour-Anhänger seit Geburt, wie er gern betonte. Seine Lebenspartnerin Rima Horton, selbst Labour-Beraterin, lernte er bereits als Teenager kennen und heiratete sie erst im vergangenen Jahr: "It was great, because no one was there."

Nur wenige Tage nach David Bowie hat Großbritannien einen weiteren Publikumsliebling verloren: Am Donnerstag ist Alan Rickman einem Krebsleiden erlegen. (Dominik Kamalzadeh, 14.1.2016)