Maris Kucinskis ist auf der Suche nach einem neuen Kabinett.

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Riga – Der lettische Staatspräsident Raimonds Vejonis hat am Mittwoch den 54-jährigen Maris Kucinskis mit der Regierungsbildung beauftragt. Kucinskis ist Abgeordneter der Union der Grünen und Bauern (ZZS). Er kam zum Zug, weil die Partei der Anfang Dezember zurückgetretenen Ministerpräsidentin Laimdota Straujuma, die konservative "Einheit", sich nicht auf einen Kandidaten hatte einigen können, der das Vertrauen aller bisherigen Regierungspartner genießt.

Die Regierung in Riga besteht derzeit aus drei Parteien rechts der Mitte: Neben der "Einheit" und der ZZS ist auch noch die weit rechts stehende "Nationale Allianz" im Kabinett vertreten. Gemeinsam verfügen diese Parteien über 61 der 100 Sitze in der Saeima, dem lettischen Parlament. Vorerst ist unklar, ob die bisherige Rechtskoalition weitergeführt werden kann. Die "Einheit"-Vorsitzende Solvita Aboltina war als Kandidatin für das Amt der Ministerpräsidentin an internen Querelen und am Widerstand der Koalitionspartner gescheitert.

Präsident Vejonis, der selbst aus den Reihen der Grünen kommt, rechtfertigte die Entscheidung zugunsten des ZZS-Kandidaten am Donnerstag damit, dass Kucinskis für das Amt des Premiers das klarste Konzept vorlegen konnte. Vejonis gab sich zuversichtlich, dass ihm die Bildung einer neuen Regierung gelingen werde. Aboltina prophezeite dagegen einen "langen und unerfreulichen" Regierungsbildungsprozess.

Hauptproblem dabei ist, dass die größte einzelne Fraktion im Parlament, die sozialdemokratische "Harmonie", von den meisten Parteien als Koalitionspartner abgelehnt wird. Grund dafür ist der Umstand, dass ein Großteil ihrer Funktionäre und Wählerschaft Angehörige der russischsprachigen Minderheit sind.

Russische "Nichtbürger"

Die "Harmonie" wird trotz ihrer gemäßigten Orientierung als unzuverlässig angesehen und von den Nationalisten als politischer Arm Moskaus betrachtet. Derzeit haben zwischen 30 und 40 Prozent aller Letten Russisch als Muttersprache. Viele besitzen als sogenannte "Nichtbürger" – ein für das Baltikum spezifischer Begriff für Staatenlose – massiv eingeschränkte demokratische Rechte.

Den beiden kleinen Parteien "Regionale Vereinigung" und "Von Herzen für Lettland" könnte bei der Bildung einer Regierung eine entscheidende Rolle zukommen. Sie ließen dem designierten Premier Kucinskis am Donnerstag allerdings ausrichten, nicht als "zweite Wahl" zur Verfügung stehen zu wollen. (Andreas Stangl, 15.1.2016)