Khadija Arib, 55 Jahre alt und Tochter eines Gastarbeiters aus Hedami bei Casablanca, wird Parlamentspräsidentin in Den Haag.

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Es hatte etwas von einer Fernsehspielshow. "Holland sucht den Parlamentschef", wurde hinter den Kulissen gewitzelt. Vier Wahlgänge waren nötig, erst dann stand fest: Die neue Vorsitzende des niederländischen Abgeordnetenhauses trägt einen marokkanischen Namen: Khadija Arib, 55 Jahre alt, Tochter eines Gastarbeiters aus Hedami bei Casablanca. Markenzeichen: knallroter Lippenstift, dunkle Locken.

Arib kam als 15-Jährige nach Amsterdam und hat sowohl einen niederländischen als auch einen marokkanischen Pass. Die geschiedene dreifache Mutter – sie hat eine 32-jährige Tochter und 30 Jahre alte Zwillingssöhne – gilt als Musterbeispiel einer emanzipierten Immigrantin. Nach ihrem Soziologiestudium spezialisierte sie sich auf die Rechte von Frauen und Kindern. Dass die Niederlande einen Kinderombudsmann bekamen, ist vor allem ihrem Einsatz zu verdanken. 1982 gründete sie die marokkanische Frauenvereinigung der Niederlande. Seit 1998 sitzt sie für die Sozialdemokraten im Parlament in Den Haag.

Die Vorzeige-Immigrantin hat auch zwei Bücher über Frauenrechte und Emanzipation geschrieben: "Couscous am Sonntag" handelt von ihrer eigenen Familiengeschichte, "Allah hat uns so geschaffen" befasst sich mit den Problemen lesbischer Frauen aus Marokko, Ägypten und dem Irak.

Dass sie nun zur Parlamentschefin gewählt wurde, zeige, "wie schön dieses Land sein kann, wenn man die Chancen ergreift, die es einem bietet", kommentierte Arib selbst ihre Wahl und versprach, ein lastpak zu sein – ein Quälgeist, der dafür sorge, dass das Parlament von der Regierung immer ausreichend informiert werde.

In der acht Stunden dauernden Debatte vor ihrer Wahl war es Arib gelungen, auch unangenehme Fragen mit Bravour zu parieren. Auf ihre Fremdsprachenkenntnisse angesprochen konterte sie, man könne sie zwar nicht mit EU-Kommissar Frans Timmermans vergleichen, der als Sprachenwunder gilt und mühelos von einer Sprache in die andere wechselt. Aber so schlecht Englisch wie Fußballtrainer Louis van Gaal spreche sie nun auch wieder nicht. Und auf die Frage, ob sie denn Führungs- und Managementqualitäten besitze – schließlich fällt fortan auch das 500 Köpfe zählende Personal des Parlamentsgebäudes in ihre Obhut –, antwortete sie lapidar: "Ich war eineinhalb Jahre lang Sekretärin im Fraktionsvorstand der Sozialdemokraten – das zählt bei denen für fünf." (Kerstin Schweighöfer, 14.1.2016)