Rudolf Hundstorfer hatte schon am Vormittag ein "leichtes Kribbeln". Dann nominierte ihn das SPÖ-Präsidium mit Bundeskanzler Werner Faymann einstimmig als Hofburgkandidaten.

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Wien – Bei seinem ersten offiziellen Auftritt als Präsidentschaftskandidat der SPÖ hat Rudolf Hundstorfer die Wichtigkeit des sozialen Zusammenhalts im Land betont. "Ich sehe die Rolle des Bundespräsidenten darin, das starke soziale Fundament Österreichs zu sichern und einen möglichst großen Beitrag dazu zu leisten, den Zusammenhalt in der Gesellschaft weiter auszubauen." Auch beim Flüchtlingsthema sei dieser Zusammenhalt notwendig.

Video: Rudolf Hundstorfers Rede bei der ersten Pressekonferenz als SPÖ- Präsidentschaftskandidat.
Derstandard.at/von usslar

Natürlich könne Österreich nicht alle 60 Millionen Menschen, die derzeit flüchten, aufnehmen. "Sie wissen, wir können nicht die Welt retten." Klar sei aber auch, dass Europa nicht die Tür zumachen könne für Menschen, die vor einem Krieg geflüchtet sind. Für eine Lösung des Problems brauche es mehrere Maßnahmen, etwa Hot-Spots an den EU-Außengrenzen, Verhandlungen mit der Türkei und Verhandlungen für die Beilegung des Konflikts in Syrien.

Polarisierung entgegenwirken

Der Einsatz für die Gesellschaft sei ihm immer wichtig gewesen, sagte Hundstorfer. Er wolle sich für andere Menschen engagieren, Brücken bauen und seine Netzwerke dafür einzusetzen, "das Gemeinsame in den Vordergrund zu stellen". Dies sei eine wesentliche Grundlage für den Erfolg. Er habe sich immer bemüht, sich für die Menschen einzusetzen und damit die Basis für ein erfolgreiches Miteinander zu schaffen. "Das ist in unseren Zeiten großer internationaler Herausforderungen und einer fortschreitenden Polarisierung in der Gesellschaft wie beim Thema der Flüchtlinge besonders wichtig." Ein Auseinanderdriften gelte es zu verhindern.

"Wir können Menschen in Not nicht im Regen stehen lassen." Das könne aber Österreich nicht alleine, sondern nur gemeinsam mit anderen Ländern. Die Österreicherinnen und Österreicher seien zwar hilfsbereit, hätten aber auch nachvollziehbare Sorgen. Diese ernst zu nehmen bedeute aber, sie nicht als politischen Spielball zu missbrauchen, sondern aufeinander zuzugehen und einander zu verstehen – und dann auf Basis "unserer Regeln und Werte" einen gemeinsamen Weg zu beschreiten. Dazu gehöre auch ein gemeinsames Bekenntnis zu Europa.

Gretchenfrage FPÖ-Beteiligung

Auf die Frage, ob er auch die Freiheitlichen mit der Regierungsbildung beauftragen würde, sagte Hundstorfer, es sei in Österreich Usance, dass die stärkste Kraft mit dieser Aufgabe betraut werde. Auch bei der nächsten Wahl 2018 sei klar, dass eine Regierung über eine stabile Mehrheit verfügen müsse.

Zuvor lobte Kanzler Werner Faymann Hundstorfer als verlässlichen und volksnahen Kandidaten. Er sei jemand, "dem man vertrauen kann". Er sei in schwierigen Situationen gestanden und habe dort wertvolle Erfahrungen gemacht. Die SPÖ-Gremien haben Hundstorfer einstimmig als Kandidaten für die Präsidentschaftswahl nominiert, berichtete Faymann.

Regierungsumbildung beschlossen

Der Parteivorstand und das Präsidium machten damit endgültig den Weg für die Kandidatur frei, mit Standing Ovations und ohne Gegenstimme wurde der 64-Jährige gekürt. Wie viel Geld für die Kampagne man aufwenden wird, ließ die SPÖ am Freitag noch offen. Was ein Kostenobergrenze angeht, meinte Hundstorfer, man werde wohl näher bei den von der ÖVP genannten drei bis vier Millionen sein als bei der einen Million, die Hofburg-Kandidatin Irmgard Griss genannt hatte. Wichtiger erscheint ihm ohnehin der Abschluss eines Fairnessabkommens.

Die kolportierte Regierungsumbildung wurde ebenso am Freitag einstimmig beschlossen. Das Sozialministerium wird Alois Stöger übernehmen, dessen Verkehrsministerium wandert zu Gerald Klug. Verteidigungsminister wird Burgenlands Polizeichef Hans Peter Doskozil. Die Angelobung wird am 26. Jänner stattfinden. Bis dahin wird auch Hundstorfer im Amt bleiben, wie er sagte.

Das im Bundeskanzleramt angesiedelte Staatssekretariat mit Sonja Steßl wird aufgewertet, bestätigte ihr Sprecher im Gespräch mit dem STANDARD. Künftig wird ihr Staatssekretariat "Digitales, öffentlicher Dienst und Verwaltung" heißen und weiter im Bundeskanzleramt ressortieren.

Dem Vernehmen nach wird Steßl jährlich 20 Millionen Euro für Digitalagenden aus dem Infrastrukturministerium bekommen. Damit sollen Softwarefirmen für die Vermarktung ihrer Produkte gefördert werden. Die Forschungsagenden bleiben im Infrastrukturministerium, das Bundesministeriengesetz muss dafür nicht geändert werden. Die SPÖ braucht für die Rochade also nicht die Zustimmung der ÖVP.

Kritik von Neos und FPÖ

FPÖ und Neos kritisieren die Kandidatur Hundstorfers. Seine Leistung sei nur für Realitätsverweigerer ein Empfehlungsschreiben für die Hofburg, sagt FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl in einer Aussendung. Die Freiheitlichen würden einen "unmissverständlichen Gegenpol" zur Wahl aufstellen. Wer das ist, ist noch nicht bekannt. Die Neos sehen Hundstorfer als Reformverweigerer bei den Themen Pensionen und Arbeitsmarkt. (Lisa Kogelnik, 15.1.2016)