Den Haag/EU-weit – Das Sondergericht zur Ahndung von Kriegsverbrechen während des Kosovo-Kriegs wird heuer seine Arbeit in Den Haag aufnehmen. Wie die niederländische Regierung am Freitag mitteilte, wird sich das Gericht mit schweren Verbrechen befassen, deren Mitglieder der kosovo-albanischen Befreiungsarmee des Kosovo (UCK) verdächtigt werden.

Das Tribunal geht Verbrechen an Serben und anderen Minderheiten und politischen Gegnern der UCK, die für die Unabhängigkeit des Kosovo von Milosevic-Serbien kämpfte, in den Jahren 1999 und 2000 nach. Opfer waren Serben und Angehörige anderer ethnischer Minderheiten und politische Gegner.

Hitzige Debatte

Das kosovarische Parlament hatte im vergangenen Sommer der Einrichtung des unter Schirmherrschaft der Europäischen Union stehenden Sondergerichts nach einer hitzigen Debatte zugestimmt, wobei die teils ultranationalistische Opposition die Abstimmung boykottierte. Der Kosovo stand seit Jahren unter starkem Druck der USA und der EU, das Sondertribunal einzurichten.

Der Sonderberichterstatter des Europarats, Dick Marty, hatte in einem 2011 von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats angenommenen Bericht der UCK vorgeworfen, während des Kriegs standrechtliche Erschießungen und Entführungen begangen sowie Gefangenen Organe entnommen und verkauft zu haben.

Vertreibungen

In dem Bericht wurde auch der Name des ehemaligen UCK-Kommandanten Hashim Thaci, genannt, der von 2008 bis 2014 Regierungschef des Kosovo war. Jetzt ist er Vizepremier und Außenminister und soll im Rahmen eines politischen Deals nächster Staatspräsident werden.

Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung des Kosovo sind ethnische Albaner. Die frühere serbische Provinz hatte 2008 nach dem Krieg und Jahren unter UNO-Verwaltung gegen den Willen Belgrads seine Unabhängigkeit ausgerufen.

Der von gegenseitigen Vertreibungen geprägte Krieg war im Juni 1999 nach der Intervention der NATO mit dem Rückzug der serbischen Armee aus dem Kosovo zu Ende gegangen. In dem Konflikt kamen mindestens 13.000 Menschen ums Leben. Die serbische Regierung erkennt die Unabhängigkeit des Kosovo bis heute nicht offiziell an. Sie nimmt aber an einem Normalisierungsprozess mit Prishtina teil. Dieser ist eine Voraussetzung für den von Serbien angestrebten Beitritt zur Europäischen Union. Auch der Kosovo strebt die Aufnahme in die EU an. (APA, 15.1.2016)