Zürich – Seit etwa 300 Millionen Jahren bevölkern Schleimaale (Myxinoida) die Meere. Die je nach Art 20 bis 60 Zentimeter langen Tiere sind allerdings weder Aale noch überhaupt Fische, sondern bilden ähnlich wie die Neunaugen eine eigene Klasse von Wirbeltieren. Die urtümlich wirkenden Wesen haben weder Knochen noch Kiefer, sondern ein rundes Maul voller kleiner Hornzähne.
Für Bioniker ist nun allerdings ein anderes Merkmal der Tiere interessant geworden, wie die ETH Zürich berichtet – nämlich der namengebende Schleim. Sobald ein Schleimaal von einem Feind gepackt wird, stößt er über Poren ein in speziellen Drüsen produziertes Sekret aus, das innerhalb von Sekundenbruchteilen geliert. Dieses Sekret vermag Unmengen von Wasser zu binden, wodurch sich ein durchsichtiger, zäher und klebriger Schleim bildet. Der Schleimaal entkommt, während sein Angreifer mit dem Erstickungstod ringt.
Erste Untersuchungen in Norwegen
Ein Zürcher Forschungsteam unter der Leitung von Simon Kuster ließ atlantische Schleimaale (Myxine glutinosa) in der freien Wildbahn fangen und in einem norwegischen Aquarium halten. Bis nach Zürich sollten die Tiere nicht transportiert werden, da dies für sie potenziell tödlichen Stress bedeutet hätte.
Bislang weiß man bereits, dass der Schleim aus nahezu 100 Prozent Wasser besteht und gerade mal 0,004 Prozent "Geliermittel" enthält, der Effekt ist also über 200 Mal stärker als bei herkömmlicher tierischer Gelatine.
Das natürliche Hydrogel des Schleimaals hat zwei Hauptbestandteile: einen rund 15 bis 30 Zentimeter langen Proteinfaden und sogenannte Muzine, welche die Fäden untereinander vernetzen. Ein solcher Faden hat ähnliche Eigenschaften wie Spinnfäden: Er ist extrem reißfest und elastisch – allerdings nur in angefeuchtetem Zustand.
Hoffnung auf Super-Hydrogel
Ziel des auf drei Jahre angelegten Forschungsprojekts ist es, das natürliche Gel so zu verändern, dass es das Wasser dauerhaft zurückhalten kann und so zu einem "Super-Hydrogel" werden könnte. Hydrogele werden vielerorts angewandt: von Papierwindeln über Heftpflaster bis hin zu Bewässerungssystemen für die Landwirtschaft.
Bislang stehen die Wissenschafter mit ihren Forschungen allerdings noch ganz am Anfang. Immerhin ist es bereits gelungen, das Drüsensekret soweit zu stabilisieren, dass es für nähere Studien nach Zürich ins Labor transportiert werden kann. (red, 15. 1. 2016)