Wien – Fünf Ordner mit 25.000 Unterschriften gegen das anstehende Staatsschutzgesetz haben die Datenschützer des AK Vorrat am Montag im Wiener Café Stein aufgebaut. Flankiert waren sie dabei vom Präsidenten des Rechtsanwaltskammertags, Rupert Wolff, und dem Oberhaupt des Österreichischen Journalistenclubs, Fred Turnheim. Anlass für die illustre Zusammenkunft: Am Dienstag wollen SPÖ und ÖVP das umstrittene Staatsschutzgesetz im Innenausschuss absegnen, das den Ermittlern des Verfassungsschutzes im Kampf gegen Terroristen, Islamisten und Waffenschieber mehr Befugnisse einräumt.

Wegbleiben vom Beichtstuhl

Wolff übte als Vertreter der Rechtsanwälte erneut heftige Kritik am geplanten Einsatz von Vertrauensleuten, die künftig in den entsprechenden Milieus eingesetzt und bezahlt werden können: "Wir wollen keine V-Leute in Beichtstühlen, Arztpraxen, Rechtsanwaltskanzleien, und auch nicht in den Redaktionen", sagte er. Für ihn kollidieren die präventiven Ermittlungsmethoden der Staatsschützer mit den Grundrechten, deswegen braucht es für Wolff – abgesehen von einem besonderen Schutz für bestimmte Berufsgruppen und deren Informanten – vor den einzelnen Ermittlungsschritten eine richterliche Kontrolle.

Rat der Pensionisten statt Richter

Stattdessen setze der Gesetzgeber auf einen "Rat von Pensionisten", kritisierte er; gemeint sind damit der Rechtsschutzbeauftragte des Innenministeriums und seine beiden Stellvertreter, die ehemalige Richter oder Staatsanwälte sein sollen. Doch für Wolff entspricht das keinem ausreichenden Schutz für unbescholtene Bürger, die ins Visier der Ermittler geraten, denn Richter seien von der Verfassung geschützt, unabhängig und unversetzbar. Seine Konklusio: Wenn das Gesetz kommende Woche in dieser Form im Parlament beschlossen werde, "werden wir mit Sicherheit den Verfassungsgerichtshof befassen".

Kein Schutz mehr für Informanten

Journalistenvertreter Turnheim kündigte an, den Gang zum Höchstgericht zu unterstützen. Er befürchtet durch das neue Staatsschutzgesetz "eine Aushöhlung des Redaktionsgeheimnisses", weil es "keinen Schutz mehr für Informanten" gebe. Hintergrund: Zur Prävention dürfen die Verfassungsschützer etwa die Koordinaten von verdächtigen Islamisten jahrelang in einer Analysedatenbank speichern – und dazu auch die ihrer Kontaktpersonen. Turnheim: "Wir schimpfen über Polen und sind gar nicht so weit auseinander, wenn das kommt." Das neue Gesetz behindert für ihn freien, investigativen Journalismus.

Kein Löschen von Daten im Ausland

Die Datenschützer des AK Vorrat warnten unter anderem davor, dass die gesammelten Daten an befreundete ausländische Dienste weitergereicht werden können – und diese seien an keinerlei Löschvereinbarungen gebunden. Die Datenschützer fordern daher genauso wie die Anwälte- und Journalistenvertreter, dass sich SPÖ und ÖVP vor Beschluss der neuen Ermittlungsbefugnisse mit ihnen noch einmal zu einer Expertenrunde zusammensetzen und entsprechende Änderungen vornehmen, um den Schutz der Grundrechte zu gewährleisten. (Nina Weißensteiner, 18.1.2016)