Für Netflix-CEO Reed Hastings ist Youtube ein Konkurrent.

Foto: Standard/Föderl-Schmid

Youtube-Manager Robert Kyncl sieht die Dienste anders als Hastings als Ergänzung.

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Fand ebenfalls Platz auf der DLD: eine Virtual-Reality-Demonstration

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Die Überraschung kam sehr unscheinbar daher: Fast beiläufig kündigte Whatsapp-Gründer Jan Koum bei der Münchner Digitalkonferenz DLD an, dass der Messenger-Dienst künftig komplett auf Gebühren verzichtet. Damit wird der beliebteste Messenger der Welt kostenlos.

Bezahlmodell hat nicht funktioniert

Im Augenblick fallen 0,89 Euro nach zwölf Monaten Nutzung an. Kurioserweise wird dieser Betrag aber nicht in jedem Fall eingezogen. Das Bezahlmodell habe nicht gut funktioniert, räumte der Gründer und Firmenchef gleich ein. Ausführlicher wurde dazu im hauseigenen Blog Stellung genommen.

Viele Nutzer der App besäßen keine Bank- oder Kreditkarten und hätten Sorge, nach einem Jahr den Kontakt zu Freunden zu verlieren, sagte Koum. Die Bezahlfunktion wird daher im Laufe der kommenden Wochen aus allen Apps verschwinden. Koum betonte, dass Whatsapp dennoch weiterhin keine Werbung schalten werde und kündigte gleichzeitig den Ausbau des Angebots mithilfe von Facebook an, das die Firma 2014 für 22 Milliarden US-Dollar übernommen hatte.

Whatsapp-Gründer Jan Koum kündigte an, dass der Messenger ab sofort kostenfrei ist.
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Das war aber nicht die einzige Neuerung, die der Whatsapp-Chef in München ankündigte. Heuer wolle man sich vor allem darum kümmern, wie der Messenger-Dienst für Unternehmen interessanter gestaltet werden könne. Verschiedene Tools würden derzeit getestet. So sei vorstellbar, dass jemand mit seiner Bank über Whatsapp kommuniziere, wenn eine verdächtige Kontobewegung festgestellt werde. Der Einsatz in der Kundenkommunikation könnte für Whatsapp eine zusätzliche Einnahmequelle sein, der Mutterkonzern Facebook bietet mit seinem Messenger ähnliche Optionen an. Whatsapp zählt weltweit fast eine Milliarde Nutzer.

"Raubtier" trifft auf "Beute"

ZDF-Anchorman Claus Kleber outete sich zu Beginn seines Interviews auf DLD als Netflix-Kunde seit 1998. Damals war er Korrespondent in den USA. Heute sieht er sich als "Beute" und seinen Interviewpartner als "Raubtier". Denn Netflix-Gründer Reed Hastings stehe mit seinem Streaming-Dienst dafür, Fernsehen wie er es mache, zu vertreiben. Auf die Frage, ob es künftig überhaupt noch Platz gibt für lineare Medien, antwortet Hastings: "Es gibt immer eine Tendenz, die Vergangenheit zu romantisieren." Jede neue Technologie bringe Bereicherungen und Verluste.

Zwar produzierten die meisten Sender immer noch lineares Fernsehen und stellten ihre Inhalte dann ins Netz. Allerdings gelte heutzutage: Wer eine Website produzieren könne, der könne auch ein TV-Netzwerk haben. Erst vor wenigen Tagen wurde Netflix in 130 weiteren Ländern freigeschaltet, sodass der Streamingdienst nun in 190 Staaten verfügbar ist. Auf Klebers Frage, wann es soweit sei, dass auch China dazu komme, räumte Hastings ein, er könne dies nicht einschätzen. "Apple hat sechs Jahre gebraucht, um das iPhone dort auf den Markt bringen zu dürfen." Außerdem gebe es Verständnisprobleme, erzählte Hastings schmunzelnd. "Chinesische Blogger dachten, dass es sich bei der Politserie 'House of Cards' um eine Dokumentation handelt."

Netflix will globale Inhalte anbieten

Wie Hastings im Gespräch mit Journalisten am Rande der Konferenz ausführte, werde sich Netflix weiter auf Filme und Serien konzentrieren. Er sieht Netflix nicht als Konkurrenz zu lokalen Angeboten. Netflix bemühe sich, Inhalte für ein globales Publikum zu produzieren. Der Onlinedienst will jedoch noch heuer eine erste TV-Serie aus dem deutschsprachigen Raum ins Programm nehmen, aber man habe noch nicht das Richtige gefunden. In Europa filmt Netflix bisher nur die Krimiserie "Marseille" in Frankreich.

Dass Netflix, wie jüngst angekündigt, nun Inhalte regional begrenzen müsse, tut Hastings nach eigenem Bekunden leid. Das Vorgehen gegen VPN-Dienste und Proxy-Server gehe auf Druck von Rechteinhabern zurück.

Netflix und Youtube als Konkurrenten

Nach seinen Zielen gefragt, nannte Hastings die Nutzerzahlen von Youtube: Netflix habe 70 Millionen Mitglieder, Youtube nutzten mehr als eine Milliarde jeden Monat. Robert Kyncl, der unmittelbar nach Hastings sprach, ergänzte: 82 Prozent der Youtube-Nutzer seien außerhalb der USA, jede Minute werden rund 400 Stunden an Videomaterial hochgeladen. Youtube habe auch rund 20 Millionen Content-Partner, mit denen man Inhalte gemeinsam monetarisiere, sagte der für Inhalte und Geschäftsmodelle verantwortliche Manager. Aber anders als Hastings sieht er Dienste wie Netflix und Youtube als Ergänzung. "Das traditionelle Fernsehen hat bisher kaum Seher verloren." Seine Sicht: "Raubtier" und "Beute" friedlich nebeneinander. (Alexandra Föderl-Schmid aus München, 18.1.2016)