Schlaganfallzentren, sogenannte Stroke Units, haben sich in Österreich und weltweit bewährt. Rund die Hälfte der 38 bisher in Österreich errichteten Stroke Units müssten nun mit einer Kathetertechnik zur Entfernung von Blutgerinnseln in Hirngefäßen aufgerüstet werden. Dies fordern Experten aus Anlass der Tagung der Österreichischen Schlaganfallgesellschaft, die ab 21. Jänner an der Donau-Universität Krems stattfindet.

"Mit der neuen Technik können noch mehr Leben gerettet und schwere Folgebehinderungen vermieden werden", sagte Michael Brainin, Organisator der Tagung und zukünftiger Präsident der Welt Stroke Organisation.

2014 und 2015 hätte eine Reihe von klinischen Studien belegt, dass im Falle eines akuten Verschlusses eines großen Hirngefäßes die Entfernung des Gefäßgerinnsels durch eine Kathetertechnik, die sogenannte endovaskuläre Thrombektomie, zusätzlich zur intravenösen Gerinnselauflösung die optimale akute Schlaganfallbehandlung darstelle. Darauf müsse man auch in Österreich reagieren.

Keine oder nur geringe Behinderung

"Die endovaskuläre Thrombektomie ist bei den geeigneten Patienten eine Therapie erster Wahl, mit deutlichen höheren Chancen, einen schweren Schlaganfall mit keiner oder nur geringer Behinderung zu überstehen. Es ist enorm wichtig, in Österreich Strukturen zu schaffen oder auszubauen und Ressourcen zu bündeln, um diese Therapie den Patienten möglichst bald rund um die Uhr anbieten zu können", so Brainin.

Hier geht es um die Einrichtung von Katheterlabors an den Stroke Units, um die Ausbildung und die Bereithaltung des spezialisierten Personals ähnlich wie bei den Katheterlabors der Kardiologen. Dazu sagte der Wiener Experte Wilfried Lang: "Schlaganfall ist in Österreich nach wie vor der Killer Nummer zwei und die Ursache häufiger Behinderungen im Alltag. Es ist Zeit, dass neue Therapieoptionen dieser Krankheitsursache zu Leibe rücken."

Seit kurzem liegen mit zwei Studien im New England Journal of Medicine die Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen vor, bei denen Katheter zur Beseitigung solcher Blutgerinnsel verwendet wurden. Dabei wird über die Leistenarterie ein Katheter bis ins Gehirn vorgeschoben. Eine Drahtspitze durchbohrt den Thrombus, dann wird das Gerinnsel herausgezogen.

Versorgungsnetz ist essenziell

Die Voraussetzung dafür ist ein koordiniertes Versorgungsnetz für Schlaganfallpatienten vom Krankentransport in eine Stroke Unit über die radiologische Untersuchung (MR, CT) und die genaue Einschätzung von potenziellem Nutzen versus Risiko eines solchen Eingriffs für den Patienten. Oft wird dabei zunächst schon eine Thrombolyse – also die Gabe des gerinnselauflösenden Medikaments rt-PA – durchgeführt und dann in der Klinik der Kathetereingriff angehängt. Er ähnelt den Kathetereingriffen bei Patienten mit akutem Herzinfarkt.

In einer der beiden Studien, die wegen des großen Erfolgs vorzeitig abgebrochen wurde, zeigte sich, dass man bei 85 Prozent der behandelten Schlaganfallpatienten den Thrombus mit dem Katheter beseitigen konnte. Die Sterblichkeit wurde im Vergleich zur Standardtherapie (Lyse) faktisch halbiert. Funktionell unabhängig leben konnten 53 Prozent der Behandelten (nach Standardtherapie: 29 Prozent). Insgesamt verdoppelt sich die Erfolgsrate in etwa. Pro Jahr werden in Österreich rund 25.000 Schlaganfälle registriert. (APA, 18.01.2016)