Stetig kehrt es wieder, das Ausstellungsthema Einfachheit im Design. Mit dieser Feststellung soll der weltweiten Kuratorenschaft keinesfalls unterstellt werden, sie würde es sich hin und wieder einfach machen. Mitnichten, denn die Einfachheit ist in all ihrer Bandbreite ein nicht einfach zu definierendes, relatives Feld. Sieht man sich die aktuellen Designströmungen an, ist es auf jeden Fall ein Gebiet, nach dem immer mehr Zeitgenossen Sehnsucht verspüren.

68 wunderbare Beispiele für eine kluge Einfachheit sind derzeit in der Ausstellung "Simple. Die neue Einfachheit – Möbel und Objekte des Alltags" im Wiener Designforum im Museumsquartier zu sehen. Die Macher der Schau, ein Gemeinschaftsprojekt des Designforums Vorarlberg und des Designforums der Steiermark, wo die Ausstellung ab 18. März zu sehen sein wird, haben es sich nicht leicht gemacht. Die gezeigten Objekte, die großteils auf schlichten, weiß gestrichenen Zylindern präsentiert werden, folgen mehreren Kriterien. Einfachheit der Idee oder Form lautet eines davon, andere Entwürfe bestechen durch einfache, aber neu eingesetzte Materialien, einfache technische Lösungen, Verarbeitungstechniken oder Systeme.

Ein wunderbar simples Garderobenensemble schuf der Berliner Designer Florian Schmid in Form von "Carla".
Foto: Zeitraum

Auch dem Readymade gab man im Designforum Platz. Besonders amüsant ist der Kerzenhalter von Marijke Lucas-Geurts und Sander Lucas aus Holland, wo man Design generell nicht so bierernst nimmt wie anderswo. Die beiden bogen die Zacken einer einfachen Gabel so zurecht, dass man eine gewöhnliche Kerze zwischen diese stecken kann. Das untere Ende der Gabel wird in Uri-Geller-Manier um eine Untertasse gebogen. Etwas einfach zu gestalten, davon kann man sich im MQ überzeugen, funktioniert ebenso frech wie ausgeklügelt oder romantisch: Die Identität einer klar lasierten Porzellanschale zum Beispiel prägte die Designerin Judith Seng, indem sie dieser einen skalierten Abdruck ihres Daumens aufdrückte.

Gute und alte Bekannte

Gar nicht im Lot ist das Bücherregal "Schlagseite" von Martin Breuer Bono, das sich wie ein Raster an der Wand zur Seite neigt – poetisch geometrisch. Materialtechnisch verblüfft Elisa Strozyk, die in Form ihres "Wooden Carpet" ein Objekt zwischen Möbel und Textil schuf, einen Teppich aus Holz und Leinen. Fehlen dürfen in der Schau freilich auch keinesfalls einige gute Bekannte, etwa die zusammengesteckte Bierbank von Marchgut, der zur Ikone gewordene aufblasbare Metallstuhl von Oskar Zieta oder die Hängeleuchte von Thomas Feichtner. Als viel ältere Bekannte haben auch die 1916 entworfenen gläsernen Dosen von Oskar Strnad ihren Auftritt.

So einfach wie fesch: Kehrschaufel mit Besen von Jan Kochanski, Tablettsystem von Clara von Zweigbergk und Hocker von Signe Hytte und Øivind Slaatto.
Foto: Signe Hytte / Øivind Slaatto, Theis Poulsen, Menue

Gutes Design, das zeigt auch diese Ausstellung deutlich, reflektiert gesellschaftliche Zustände. Es ist offensichtlich, dass das Bedürfnis nach dieser Art von Gestaltung mit dem Wunsch nach mehr Klarheit und Bodenständigkeit einhergeht, sozusagen als Reaktion auf die steigende Komplexität und Schnelllebigkeit des Alltags. Es ist dies eine Entwicklung, welche auch in einem Verwandtschaftsverhältnis zur boomenden Do-it-yourself-Bewegung und anderen Analog-Aktivitäten steht.

Alle im MQ gezeigten Produkte bilden einen bunten Objektgarten mehrdimensional ausgeklügelter Dinge. Die tricky Kür müssen all diese Dinge in der Handhabung im Alltag absolvieren. Dass viele von ihnen einfacher herüberkommen, als sich ihr Entwurfsprozess gestaltete, wissen in erster Linie die Designer und Entwickler. Apple-Vater Steve Jobs, ein Jäger der einfachen Form, formulierte die Angelegenheit folgendermaßen: "Einfach kann schwerer als komplex sein: Man muss hart arbeiten, um das eigene Denken so sauber zu bekommen, damit man es einfach machen kann." Im Wiener Designforum hat man diesen Gedanken sauber in Form gebracht. (Michael Hausenblas, RONDO, 28.1.2016)