Der ehemalige New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg weiß, wie wichtig es ist als Stadt wettbewerbsfähig und attraktiv zu sein.

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Für die Stadt Chicago betreibt ein eigenes Team von über 80 Wirtschaftsentwicklungsexperten weltweites Lobbying.

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Ein weiterer HTML500 Workshop geht zu Ende und Ian McKay, CEO der Vancouver Wirtschaftskommission, ist zufrieden mit der Beteiligung der technikerfahrenen Talente. Der Codierungsworkshop für Nicht-Informatiker, aber IT-interessierte Kanadier und Westamerikaner, ist Vancouvers Antwort auf die mehr als 3.000 freien Jobs im technischen Bereich der Stadt.

Vancouver leidet inzwischen merklich am Mangel an IT-fitten Mitarbeitern: Die ersten technischen Unternehmen überlegen bereits umzusiedeln, da der Talentemangel ihr Wachstum hemmt.

Bei der Job-Messe im Anschluss an den Workshop bekommen die Teilnehmer das Ringen um Fachkräfte am eignen Leib mit: Unternehmen aus dem ganzen Land präsentieren sich mit der Unterstützung ihrer städtischen Wirtschaftsagenturen und wetteifern um die ausgebildeten Talente.

"Ich glaube, es herrscht gewissermaßen immer eine gesunde Konkurrenz zwischen Wirtschaftsstandortagenturen.", meint McKay. "Wir sehen es als unsere Aufgabe die Marke Vancouver über eine Zahl von Plattformen aufzubauen und voranzutreiben. Ich kenne zahlreiche Städte, die das laufend in unterschiedlichen Märkten so machen."

Dieser Ansatz ist weder für Kanada noch für den Tech-Sektor spezifisch. Fast in jeder Branche – sei es in der Kultur- und Kreativwirtschaft, IT, Ingenieurwesen, Biotech, Architektur, Medien oder Finanzen – geht es darum, sich als attraktive Stadt in dem Bereich zu präsentieren.

Bürgermeister als CEOs

"Bis vor Kurzem", argumentiert der ehemalige New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg in einem Artikel der Financial Times, "war die Konkurrenzfähigkeit einer Stadt außerhalb der Kompetenz eines Bürgermeisters. Denn die dafür entscheidenden Faktoren wurden auf nationaler Ebene gestaltet. Doch heute, wo 80 Prozent des globalen Outputs von Städten und Unternehmen stammen, die ihre Wachstumsstrategien an urbane Märkte gekoppelt haben, können es sich Städte nicht länger leisten ihre Zukunft nationalen Regierungen zu überlassen. Heute gilt es als Top-Priorität für urbane Führungskräfte sich der Konkurrenz anderer Städte bewusst und – im Idealfall – eine Nasenlänge voraus zu sein."

Wie sehr die Wettbewerbsfähigkeit eine Priorität darstellt, zeigen die zahlreichen Bemühungen von Städten Talente und Investitionen anzuziehen. Chicago beispielsweise verfügt über ein Team von über 80 Wirtschaftsentwicklungsexperten, die weltweit für die Stadt Lobbying betreiben, um neues Investment zu generieren.

Wenn man sich die Zahlen vor Augen hält, sollte dies keine Überraschung, sondern Teil der Agenda eines jeden verantwortungsbewussten Bürgermeisters werden: Chicago hat heute ein Bruttoinlandsprodukt von ca. 571 Milliarden US-Dollar. Wäre die Stadt souverän, würde sie sich auf Platz 23 der weltweit größten Wirtschaftsnationen (gleich nach der Schweiz, Argentinien und Schweden) befinden. Städte wie London, Barcelona, Paris, Shenzhen oder Dubai verfolgen ähnliche Strategien.

Langfristige strategische Planung erforderlich

Angesicht dieser Zahlen wird nun klar, wie sich das Aufgabenfeld eines Bürgermeisters über die letzten Jahre verändern konnte. Die Zeiten, in denen sich ein Bürgermeister ausschließlich für Infrastrukturprojekte, öffentliche Sicherheit oder Zustellservices für seine Bewohner bemüht hat, sind vorbei.

Heutzutage müssen sie grundlegend in der strategischen Planung ihrer Städte involviert sein – und ihre Nachhaltigkeit sicherstellen. Limitierte Ressourcen müssen konzentriert werden: Eine Aufgabe, die heikler und zeitaufwändiger ist, als die Mittel einfach an eine breite Zahl unterschiedlicher Interessensvertreter zu verteilen, um diese zufriedenzustellen.

Viele jüngst erfolgreiche Städte – wie etwa Dubai, Shenzhen oder Dublin – haben es geschafft, ihre Attraktivität für ausländische Investitionen durch Steuersenkungen oder Infrastrukturförderungen zu erhöhen. "Derartige Wettbewerbsvorteile können kurzfristig funktionieren, neigen aber oft dazu nur vorübergehend Wirkung zu zeigen. Städte, die sich langfristig erfolgreich bewährt haben, kämpfen für einen hohen Preis: Intellektuelles Kapital und Talent", meint Michael Bloomberg.

Urbane Führungskräfte werden zunehmend eine wichtigere Rolle für die Zukunft ihrer Städte spielen. Eine Zukunft, in der Bürgermeister, denen es an strategischem Denken mangelt, in einem hart umkämpften Umfeld zum Scheitern verdammt sind.

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