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Von 280.000 Praktikanten pro Jahr geht der Österreichische Gewerkschaftsbund aus. Das Thema betrifft also viele. Das zeigte sich auch am Dienstag in der Aula des Campus der Universität Wien. Dort fand – im Rahmen der "Praktikumswoche", die Career Center zehn österreichischer Universitäten gemeinsam veranstalteten – eine Podiumsdiskussion zum Thema statt.

Der Saal war gesteckt voll, und als Moderatorin Lara Hagen (DER STANDARD) das Publikum fragte, wer bereits ein Praktikum absolviert habe oder dies noch plane, blieb kaum eine Hand unten. Ähnlich war die Situation bei einer Diskussion an der TU Wien.

Volles Haus an der Uni Wien – aber auch an den anderen Unis stieß die Aktionswoche Praktikum auf großes Interesse.
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Praktikanten und Praktikantinnen sind in Österreich oftmals prekär beschäftigt: 575 Euro verdienen sie einer unijobs.at-Umfrage zufolge im Schnitt pro Monat, 25 Prozent arbeiten sogar gratis.

Dass die meisten Praktika eigentlich normale Dienstverhältnisse seien, bemängelt Barbara Kasper. Sie ist Bundesjugendsekretärin der Gewerkschaft der Privatangestellten und in dieser Funktion unter anderem für die Plattform watchlist-praktikum.at verantwortlich, auf der prekäre Beschäftigungsverhältnisse anonym gemeldet werden können.

Würden Praktikanten also wichtige Tätigkeiten im Unternehmen übernehmen, müsste das Arbeitsverhältnis auch kollektivvertraglich festgelegt und entsprechend entlohnt werden.

Sammelt auf der "Watchlist Praktikum" Beschwerden über Unternehmen, die keine Fair Player sind: Barbara Kasper, Bundesjugendsekretärin der gpa-djp.
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Vertreter von Firmen, die sich das auf die Fahnen schreiben, waren ebenfalls Gäste auf dem Podium. Sie bat die Moderatorin, Kriterien für ein "faires" Praktikum auszumachen. Es solle auf Augenhöhe gearbeitet werden, man solle "sich selbst aber auch nicht zu schade zu sein, kopieren zu gehen und Kaffee zu kochen", sagte Michael Bilina, Human-Resources-Spezialist bei der Allianz. "Ich mach' das ja auch." Zudem müsse ein Praktikum konkrete Aufgaben beinhalten, mit konkreten Zielen verbunden sein.

Fairness ist mehr als nur Bezahlung

Studiumrelevanz wurde als wesentliches Kriterium für ein faires Praktikum identifiziert. Claudia Kopitar, Personalverantwortliche beim Beratungsunternehmen EY, dazu: "Man sollte das, was man bereits gelernt hat, anwenden können – und Neues dazulernen. Und zwar nicht nur beim Über-die-Schulter-Schauen, sondern beim Selbsttun." Unerlässlich dafür sei, fest in Arbeitsabläufe eingebunden zu sein und eine Ansprechperson zu haben.

"Fair statt prekär" heißt es unter anderem bei Michael Bilina (Allianz) und Claudia Kopitar (EY). Dabei gehe es aber nicht nur um angemessene Bezahlung.
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Die Dauer eines Praktikums solle übrigens sechs Monate nicht überschreiten. Über die Voraussetzungen, die jemand für ein Praktikum mitbringen muss, wurde ebenfalls diskutiert. "Das Interesse zu sehen: Was geht in einer Firma ab", nannte Bilina. Ebenfalls entscheidend: sich gut über den Arbeitgeber zu informieren, in Foren oder im Gespräch mit Expraktikanten. Die so gewonnenen Informationen seien einerseits wesentlich, um entscheiden zu können, ob man überhaupt in dem Unternehmen arbeiten möchte. Andererseits, um im Bewerbungsprozess zu überzeugen.

Glück gehört dazu

Vorteile habe dort auch, wer eine gut strukturierte Bewerbung – inklusive eines kreativen Motivationsschreibens – abliefert. "Verstecken Sie sich nicht hinter Allgemeinheiten", rät HR-Experte Bilina. "Dass Sie ehrgeizig sind, erwarte ich, Teamfähigkeit gehört dazu." Karriereveranstaltungen könnten Studierende nutzen, um Arbeitgeber kennenzulernen. Auch die Option Auslandspraktikum sollten sie in Betracht ziehen – sie werden im Rahmen des "Erasmus Plus"-Programms gefördert.

Dass ein Praktikum schließlich zum Berufseinstieg führt, könne passieren – der eine oder andere Firmenvertreter habe schon Praktikanten eingestellt oder nutze die Möglichkeit sogar als Recruiting-Methode –, oft komme es aber, "so brutal es auch klingen mag, darauf an, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein", sagt Bilina. Laut unijobs.at-Umfrage wird nur 18 Prozent nach Abschluss des Praktikums eine fixe Stelle angeboten.

Peter Sattler (Horvàth und Partners) gelang vom Praktikum der direkte Berufseinstieg. Es sei noch immer ein Ziel des Unternehmens, möglichst viele Praktikanten zu übernehmen, sagt er.

Aber kommt man ohne Praktikum überhaupt zum Job? "Natürlich", sagt Bilina. "Sie müssen nur bitte verdammt gut argumentieren, was Sie in Ihrer Studienzeit gemacht haben, während andere gearbeitet haben. Denn Studieren kann manchmal einfach zu wenig sein." Praxisluft, bestenfalls in der Branche geschnuppert, bringe allenfalls Vorteile bei der Jobsuche. Zur erwünschten Erfahrung könnte aber auch ein Nebenjob verhelfen. Kasper über Alternativen für Firmen: "Leute befristet anzustellen wäre eine fairere Möglichkeit. Außerdem gibt es ja noch den Probemonat, auch da kann man sich nochmals entscheiden. Warum jemanden also nicht gleich anstellen?" (Lisa Breit, 25.1.2016)