Und dann kam doch noch der Schnee. Allerdings wird auch im Tiroler Brixental dem Winter mit Schneekanonen auf die Sprünge geholfen. Sie stehen dort alle paar Dutzend Meter entlang der Pisten und sprühen verblüffenderweise selbst dann, wenn es sowieso schneit – damit Natur- und Kunstschnee sich vermischen und eine halbwegs natürlich wirkende Pistenmasse dabei herauskommt.

Denn der zugeführte Schnee allein ist mal grießig, mal pappig, jedenfalls nicht sehr angenehm zu befahren. Und so können auch nichthochalpine Skiregionen, die bei jedem Saisonstart zittern müssten, ob sich die Natur tatsächlich daran hält, mit relativer Schneesicherheit werben. Die Skiwelt Wilder Kaiser – Brixental ist so ein Gebiet, in der bereits bei 1.830 Meter Seehöhe (Hohe Salve) Schluss ist.

Hoch sind sie nicht, die Berge im weitläufigen Skiverbund Wilder Kaiser – Brixental, aber das Panorama beeindruckt.
Foto: Tim Marcour

Diese Skiberge haben aber noch einen weiteren, viel besseren Trumpf im Talon: das selbstverliehene Prädikat "Österreichs größtes zusammenhängendes Skigebiet", 280 Kilometer Pisten sollen es sein. Strenggenommen müssten die 16 Kilometer des zwar sehr nahen, jedoch unverbundenen Gebiets Kelchsau abgezogen werden – das macht dann immer noch 264 Kilometer. Jetzt könnte allerdings ein Streit um des Wilden Kaisers Bart entstehen, denn durch den gerade erst erfolgten Anschluss des Fieberbrunner Gebiets an das bestehende in Saalbach, Hinterglemm und Leogang gibt es dort plötzlich 270 Kilometer verbundener Pisten.

Kilometer-Kaiser

Wie auch immer, 264 Kilometer sind ja nicht schlecht, und sollte sich die Skiwelt Wilder Kaiser – Brixental mit Kitzbühel zusammentun – was angedacht ist, weil nur ein einziger Verbindungslift fehlt -, dann wäre man überhaupt "Kaiser". Beim Fernsehpublikum ist man das ohnehin schon: Durch die TV-Serie Der Bergdoktor erlangten Ellmau und die gesamte Region Wilder Kaiser einen enormen Bekanntheitsgrad.

Foto: www.skiwelt.at

"Irrsinnig groß" – so der Slogan – ist die Skiwelt also, aber etwas anderes beeindruckt: "Unsere Pisten sind Almenlandschaften, keine Schneisen, die wir in den Wald geschlagen haben. Es sind gewachsene und zusammengewachsene Strukturen. Um sie zu erhalten und weiter zu verbessern, hat die Skiwelt für die aktuelle Saison 51 Millionen Euro in die Hand genommen", sagt Lukas Krösslhuber, Geschäftsführer des Tourismusverbands.

Investiert wurde unter anderem in eine neue, die Standseilbahn ersetzende Zehnergondel in Ellmau, die mit Sitzheizung und WLAN ausgestattet ist. "Irrsinnig schnell" ist laut Slogan wiederum der neue Achtersessellift Jochbahn in Brixen – mit maximal sechs Meter pro Sekunde soll es derzeit sogar der schnellste der Welt sein. Anstehzeiten gebe es hier keine mehr, heißt es.

Bemüht schaukeln

Und wie sieht es in dieser Skiregion aus? Abwechslungsreich. Zweimal mit demselben Schlepper zu fahren ist nicht nötig bei 90 Liften und Bahnen. Ja, man muss sich sogar ganz schön bemühen, wenn man die ganze Skischaukel, die von Going am einen Ende bis Brixen im Thale am anderen reicht, an einem Tag abklappern möchte. Die Pisten, die zumeist zwischen leichten und mittelschweren rangieren, sind ausgezeichnet präpariert. Wenn dann – wie bei unserem Besuch – auf diesen Untergrund noch eine Schicht frischen flaumigen Pulverschnees fällt: Hurra!

"Wer Helene Fischers 'Atemlos' verlangt, fliegt raus."
Foto: SkiWelt Wilder Kaiser - Brixental

Das Jubeln und Grölen haben wir übrigens in der Nacht davor beim Auftritt von Christina Stürmer (Bayern-3-Pistenparty) in Hochsöll gelernt, mithilfe von Glühwein und Willi, also Williamsbirnenbrand. Das Stichwort ist gefallen: 77 Hütten zählt die Skiwelt, wir haben sie nicht alle besucht, können aber die unverfälschte Frankalm empfehlen, eine uralte Schutzhütte ganz in Holz. Die Tafel beim Eingang gibt die Programmatik vor: "Hier gibt's kein WLAN, dafür Schnaps". Anderenorts dann noch die hübsche Warnung "Wer Helene Fischers 'Atemlos' verlangt, fliegt raus".

Trotzdem ein Hinweis zur Güte: Alpinrock, Synthiepop und forcierte Volksmusik in höheren Dosen sollte man in den Hütten und Lokalen wie der Moonlight Bar und der Hexenalm in Söll schon vertragen können. Das eine oder andere Schnapserl sowieso. (Harald Sager, 24.1.2016)