Marcelo Rebelo de Sousa gilt als sehr volksnah – und das betonte er im Wahlkampf auch tatsächlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit

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Lissabon/Madrid – Nach den Parlamentswahlen im vergangenen Oktober geht es jetzt in Portugal um das Amt des Staatspräsidenten. Das politische System des Landes ist auf halbem Wege zwischen einem parlamentarischen Modell, wie etwa jenem in Österreich, und einem Präsidentialsystem nach französischem Muster. Die Politik bestimmt zwar der Regierungschef, doch der Staatspräsident kann ein Veto gegen Gesetze einlegen, das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen.

Die besten Aussichten auf die Nachfolge von Aníbal Cavaco Silva hat der ebenfalls konservative Marcelo Rebelo de Sousa. Er liegt bei allen Umfragen deutlich vorne, teils über 50 Prozent. Dies würde dem Kandidaten, der jahrelang im Fernsehen als politischer Kommentator arbeitete, einen zweiten Wahlgang ersparen.

Der 67-Jährige tritt zwar formal als Unabhängiger an, genießt jedoch die Unterstützung der beiden konservativen Parteien PSD und CDS, die bis zu den Parlamentswahlen mit einem eisernen Sparkurs regierten. Sie verloren die absolute Mehrheit und mussten die Regierungsbank für den Sozialisten António Costa freimachen, der im Bündnis mit dem Linksblock, den Kommunisten und den Grünen regiert und die härtesten Sparmaßnahmen wieder rückgängig machen will.

"Der Professor"

Der Jurist Rebelo de Sousa, von seinen Landsleuten "der Professor" genannt, verspricht Dialogbereitschaft. So will er den Anti-Sparhaushalt der Linksregierung unterstützen. "Es war einfach nicht mehr möglich, den Menschen noch mehr Opfer abzufordern", erklärt er.

Trotz des moderaten Tons in Sachen Austerität unterstützen namhafte Konservative, die immer für einen harten Sparkurs eintraten, Rebelo de Sousa – unter ihnen der ehemalige Chef der EU-Kommission José Manuel Durão Barroso, der für die harten Diktate – als Gegenleistung für den Brüssler Rettungsschirm für Portugal, Griechenland und Spanien – mit verantwortlich zeichnete.

Keine echten Gegner

Einen wirklichen Gegner hat Rebelo de Sousa nicht. Aus dem linken Lager treten zwei Kandidaten an. Zum einen die ehemalige Chefin der Sozialistischen Partei (PS) Maria de Belém (66) und zum anderen der ehemalige Rektor der Universität in Lissabon, der Unabhängige António Sampaio da Nóvoa (62). Die PS unterstützt keinen der beiden offiziell. Sie kommen – je nach Umfragen – auf rund 15 bis 16 Prozent.

Die Kandidatin des Linksblocks, die EU-Abgeordnete und Soziologin Marisa Matias (39) und der einstige Priester und Kommunist Edgar Silva (53) sind weit abgeschlagen.

(Fast) sichere Bank

Sollte Rebelo de Sousa jetzt weniger als 50 Prozent erreichen, kommt es drei Wochen später zur Stichwahl, doch dies gilt als unwahrscheinlich. Denn Rebelo de Sousa genießt laut Umfragen weit über das konservative Lager hinaus Sympathien.

Selbst bei den Anhängern der als besonders orthodox geltenden portugiesischen Kommunisten sähen laut einer Meinungsumfrage der Privatuniversität La Católica in Lissabon 31 Prozent Rebelo de Sousa gerne im Präsidentenpalast – während nur magere 22 Prozent dies von ihrem eigenen Kandidaten Silva sagen. (Reiner Wandler, 24.1.2016)