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Henrik Kristoffersen macht's möglich.

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Marco Schwarz überflügelte im ersten Kitzbühel-Durchgang sogar Marcel Hirscher.

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Brachte sein Guthaben (84 Hundertstel auf Kristoffersen) nicht ins Ziel: Fritz Dopfer.

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Kitzbühel – Nur drei Hundertstelsekunden haben Marcel Hirscher zu einem perfekten Sonntag am Ganslernhang gefehlt. Der Salzburger musste sich auf pickelharter Eispiste nur Henrik Kristoffersen geschlagen geben. Der ÖSV blieb damit bei den 76. Hahnenkammrennen ohne Sieg. Der Norweger, heuer bester Artist im Stangenwald, war nach fehlerhafter Fahrt im ersten Durchgang nur Zwölfter, lag 0,49 hinter Hirscher und preschte mit einem famosen Finalritt in 1:43.96 Minuten zu seinem fünften Slalomsaisonsieg nach Val d'Isere, Madonna, Adelboden und Wengen. Dritter wurde der zur Halbzeit führende Deutsche Fritz Dopfer (+0,45).

Beachtlich waren die Auftritte der jungen ÖSV-Läufer. Christian Hirschbühl, der mit Startnummer 59 zunächst auf Rang 15 carvte, klassierte sich am Ende ex aequo mit Felix Neureuther (1,56) an siebenter Stelle und holte damit zum zweiten Mal Weltcuppunkte nach dem 22. Platz in Sölden. Marco Schwarz, zur Halbzeit als Dritter sogar eine Hundertstel schneller als Hirscher, belegte Rang neun (1,61) und feierte damit sein zweitbestes Weltcupergebnis nach Platz drei in Madonna. Manuel Feller, Siebenter nach dem ersten Lauf, scheiterte im zweiten. Klaffte letzte Saison noch eine riesige Lücke hinter Hirscher, so sind die ÖSV-Hoffnungen unerwartet flott in der Slalomweltspitze angekommen.

Superhappy Hirscher

"Ich bin superhappy, das war ein hartes Stück Arbeit. Henrik ist in bestechender Form, aber schon langsam reicht es mit den Hundertsteln", sagte Hirscher, der erleichtert war, nach den Ausfällen im Slalom von Wengen und im Kombislalom von Kitzbühel wieder ins Ziel gekommen zu sein. "Es ist unglaublich, vielleicht der coolste Sieg in meinem Leben", meinte Kristoffersen.

Hirscher schrammte schon nach wenigen Fahrsekunden an einer weiteren Pleite vorbei, als er beim ersten Übergang in extreme Rücklage geriet und obendrein das Malheur mit einem Stock zwischen den Beinen meistern musste. Marc Digruber und Reinfried Herbst scheiterten im ersten Run. Michael Matt verpasste die Entscheidung als 34., Wolfgang Hörl wurde disqualifiziert.

Auch Razzoli hat es erwischt

Das Rennen hatte denkbar unglücklich begonnen. Der mit Nummer eins gestartete Italiener Giuliano Razzoli zog sich bei einem Sturz einen Riss des vorderen Kreuzbandes im linken Knie und musste mit dem Hubschrauber abtransportiert werden. "Das bedeutet einige Monate Urlaub", schrieb der 31-jährige Olympiasieger von 2010 auf Instagram. "Ich habe schon einmal das Comeback geschafft, das zweite Mal wird einfacher."

Im Gesamtweltcup reduzierte Titelverteidiger Hirscher seinen Rückstand auf den noch führenden Aksel Lund Svindal (916 Punkte), für den die Saison nach dem Sturz auf der Streif vorbei ist, auf 27 Punkte. Hirscher hat nun 889 Punkte auf dem Konto, Kristoffersen folgt als Dritter mit 771.

Svindal: So ist das Leben

Rückblickend auf die Abfahrt vom Samstag, auf der sich mit Svindal und Georg Streitberger zwei Spitzenfahrer schwer verletzt hatten: Die Piste sei fahrbar gewesen, die Passage aber eine der gefährlichsten Stellen – dies war zusammengefasst der Kommentar von FIS-Chefrenndirektor Markus Waldner auf die verhängnisvollen Stürze von gleich drei Rennläufern an der gleichen Stelle der Streif, die Kompression nach dem Hausberg. Für Svindal und Georg Streitberger ist die Saison nach Knieverletzungen vorbei, Hannes Reichelt ist angeschlagen.

"Wir wissen, dass diese Passage schwierig ist. Es sind Wellen dort, das Licht war flach. Es war sehr schwierig, die Wellen zu sehen, das hat wahrscheinlich die Fehler verursacht, die Konsequenz waren Stürze. Und wir wissen, dass diese Stelle keine Fehler erlaubt. Wir wissen, dass das die schwierigste Sektion ist", sagte Waldner auf der Mannschaftsführersitzung am Samstagabend. "Aber die Piste war gut", fügte er hinzu.

Als dann aber die Bedingungen schlechter wurden, entschied man sich, das Rennen nach 30 Läufern zu stoppen. "Wir waren der Meinung, dass die Sicherheit für die jungen Läufer mit höheren Startnummern nicht gewährleistet gewesen wäre", so Waldner. US-Herren-Cheftrainer Sasha Rearick zeigte sich von der Entscheidung enttäuscht: "Entweder ist es fahrbar oder nicht. Wer fährt, ist die Entscheidung der Trainer und Läufer."

Auch für ÖSV-Cheftrainer Andreas Puelacher war die Entscheidung der Jury nachvollziehbar. "Zum Zeitpunkt des Abbruchs habe ich nicht verstanden, warum das Rennen beendet wurde, als dann aber die Schlechtwetterfront da war, war es mir klar." Für die ÖSV-Misere – mittlerweile sind acht Abfahrer schwer verletzt – hat er keine Erklärung. "Ich bin jetzt 27 Jahre Trainer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich etwas falsch gemacht habe, ich finde keine Struktur hinter der Verletzungsserie."

Svindal werde erst in einem Jahr wieder fit sein, gab der norwegische Verband bekannt. "Es ist irgendwie scheiße mitten im Winter, aber so ist das Leben", schrieb der 33-Jährige auf seiner Facebook-Seite. Bereits die letzte Saison hatte er wegen eines Achillessehnenrisses beinahe komplett verpasst. (Thomas Hirner, bausch, 24.1.2016)

Unterdessen in Hochrum: Georg Streitberger, Florian Scheiber und Aksel Lund Svindal scheinen bereits wieder guter Dinge.