"Ein paar Arbeitslose, Frühpensionisten oder Schichtarbeiter werden am helllichten Tag schon zu Hause sein!"

Foto: Screenshot/ATV

Messi-Wohnungen, Fetischdeko, Kettenraucher: No na lockt ATV in der Sendung So denkt Österreich (Montag, 21.20 Uhr) mit Sozialvoyeurismus. Man läutet im Gemeindebau sämtliche Türen durch und hofft, in die Lebensrealität des einen oder anderen Originals eintreten zu dürfen. Ein paar Arbeitslose, Frühpensionisten oder Schichtarbeiter werden am helllichten Tag schon zu Hause sein! Und siehe da: Ja! FKK-Fan Erwin wartet schon, auch Johann und Herta machen auf, detto Alfred und Michael.

Bis ins Schlafzimmer dringt das Fernsehteam vor, um Schräges zutage zu fördern. Es ist immer das Gleiche: Puppen- und Feuerzeugsammlungen, selbstgestickte Nacktbilder und ungemachte Betten. Na und?

Sosehr die Dokumentation ihr Anliegen auch in Richtung Realsatire driften lässt und die Schwenks durch die Zimmer mit extrapfiffiger Musik unterlegt – die aufgesuchten Menschen haben etwas zu sagen, und zwar mehr als die Allerweltsfragen vermuten lassen
(z. B. "Was ist Glück?").

Alfred kennt vom Koran bis zu den Mormonen so einiges und findet: Jede Religion hat etwas Gutes und etwas Schlechtes. Johann hat zufälligerweise auch den Koran gelesen und meint, "da steht das Gleiche drin wie in der Bibel". Erwin ist gläubig, aber hundertprozentig konfessionslos. In die Amtskirche hat er längst das Vertrauen verloren.

Und Michael: Dem Psychotherapeuten – Quotenmann der Mittelschicht – wurde über Nacht die ärztliche Lizenz entzogen, da ihn ein Patient angeschwärzt hat. Nachdem dieser später als IS-Anhänger verurteilt wurde, darf Michael wieder praktizieren, hat aber leider keine Patienten mehr. Das gibt wiederum uns zu denken. (Margarete Affenzeller, 25.1.2016)