Wien – Luc Bondy (1948-2015) war ein "Stegreifkomponist", befallen von unnachgiebiger "Menschensucht", ein "Zauberer der Zunft", der das Inszenieren ein "auf Luft Schreiben" nannte. Bei der vom Burgtheater und den Wiener Festwochen veranstalteten Matinee gestern, Sonntag, erinnerten Schauspieler und berufliche Weggefährten mit persönlichen Statements an den im vergangenen November verstorbenen Theater- und Opernregisseur.
Luc Bondy selbst hätte, wie Dörte Lyssewski in ihrer Rede anmerkte, einer solchen Gedenkveranstaltung nur unter nervösem Sesselrutschen und wohl nicht bis zu ihrem Ende beigewohnt; das Publikum schmunzelte zustimmend. Lieber wäre er mit Freunden in das nächste Restaurant aufgebrochen, um Ideen zu wälzen, neue Filme zu diskutieren oder Witze zu erzählen.
Einen solchen brachte Klaus Pohl zu Gehör, nachdem er beschrieben hatte, wie Bondys Lachmuskeln beim Zuhören während des gemeinsamen Gehens durch die Stadt einst so strapaziert waren, dass sein Körper auf der nächstbesten Treppe niederging. Und Pohl hielt, was er versprach.
Meister im Lachen
Im Lachen war Luc Bondy Meister. Wohl auch, um über das Leben zu triumphieren, das ihm eine belastete Kindheit zumutete und ihm ein dickes Bündel an lebenslangen Krankheiten mit auf den Weg gab. Ulrich Weinzierl sah in der "eisern schlechten Gesundheit" Bondys auch einen Antrieb. In seiner Hommage lobte der Feuilletonist auch die "völlig undeutschen Texte" Luc Bondys, der den Weg des Schriftstellers nie ganz aus den Augen verloren hatte. Peter Simonischek, Caroline Peters, Birgit Minichmayr und Libgart Schwarz lasen aus seinen Texten (Wo war ich? Einbildungen und Toronto, ein Gedichtband); Herbert Ohrlinger vom Paul-Zsolnay-Verlag würdigte Bondys dichterisches Werk.
Sich selbst also auf die Burgtheaterleinwand groß projiziert zu sehen, Probenaufnahmen und Mitschnitte lange abgespielter und nicht mehr wieder herstellbarer Aufführungen anzusehen (wichtige Schauspieler sind nicht mehr am Leben: Gert Voss, Ulrich Mühe, Susanne Lothar, Thomas Holtzmann), hätte Luc Bondy womöglich als unnötig abgetan. Seinem Publikum war dies dienlich.
Dass Bondy keine fixe "Theaterfamilie" um sich scharte, sondern kontaktfreudig, wie er war, mit vielen ganz unterschiedlichen Darstellern aus den jeweiligen Ensembles zusammenarbeitete, machten dies Bühnenaufzeichnungen deutlich: Triumph der Liebe (Schaubühne, 1985), Die Zeit und das Zimmer (Schaubühne 1989), Drei Mal Leben (Akademietheater, 2000), Die Möwe (ebenda, 2000), Anatol (ebenda, 2002) oder Tartuffe (ebenda 2013).
Und das war nur ein schmaler Abriss aus Wiener Perspektive, die im Kontext der vielen Inszenierungen im europäischen Ausland zu betrachten ist, von Mailand über Brüssel bis Paris. "Wir werden ihn auch als Europäer vermissen", sagte der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP) in seiner Rede, in der er dazu aufrief, das aufklärerisch-humanistische Vermächtnis Bondys anzunehmen.
Mozart als Regisseur
Ursprünglich wollte Luc Bondy Schauspieler werden. Es gelang dem Pariser Studenten aber nicht, seine jeweils mit dem ersten Einatmen ausbrechenden Lachanfälle unter Kontrolle zu bringen. Viel besser war er darin, seinen Kommilitonen beim Probieren Ratschläge zu erteilen. Vor Prüfungsterminen an der Jacques-Le-Coq-Schule war ihm der Zulauf von Schauspielschülern sicher. Bondy wurde Regisseur, und zwar einer, über den es in einer Jurybegründung später vielsagend heißen sollte: "Wäre Mozart Regisseur gewesen, er hätte inszeniert wie Luc Bondy."
Bei Sonnenschein im Auto durch Paris zu fahren (zu sehen in der Zuspielung einer Arte-Dokumentation): Da bereut Bondy, Regisseur geworden zu sein, weil er stets hinein müsse in die dunkle Höhle. Die lichten Tage fehlten ihm, so sagt er da, zumal Bondy zeitlebens die Angst vor der Nacht umtrieb. Diese Finsternis auszuleuchten, machte er gewissermaßen zum Beruf. Dabei hat er nie Bitterkeit, sondern immer "ein liebendes Auge" gezeigt, so Lyssewski. "Seine Helligkeit war das Besondere an ihm", so Burgtheaterdirektorin Karin Bergmann. (Margarete Affenzeller, 25.1.2016)