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Der neue Premierminister Tihomir Orešković wuchs in Kanada auf und spricht Kroatisch mit kanadischem Akzent. Nun führt er eine Regierung mit rechtem Einschlag.

Foto: Reuters / Antonio Bronic

Zagreb – Vlado Košić, ultrakonservativer Bischof von Sisak, begleitete den neuen, rechten Veteranenminister Mijo Crnoja an seinem ersten Tag ins Büro. Am Montag übernahm der Politiker das Veteranenministerium von seinem sozialdemokratischen Vorgänger. Der Bischof kam, um die Räumlichkeiten einzuweihen. Dies erweckte fast den Eindruck, als sollte Kroatien künftig nach dem kanonischen Recht regiert werden und den Säkularismus abstreifen.

In der neuen konservativen Regierung in Zagreb sitzen einige Nationalisten, deren illiberale Haltung viele verstört. Crnoja schlug beispielsweise vor, ein Verräterregister einzuführen, in dem all jene aufgelistet werden, die gegen den "Vaterländischen Krieg" (1991–1995) waren oder die keine "nationalen Interessen" vertreten. In einer Kunst- und Protestaktion haben sich bereits 4.500 Bürger als "Verräter" geoutet.

Ustascha-Verehrung

Die Veteranen sind die Speerspitze der Nationalisten – Crnoja ist selbst beides. Der Antritt der Koalition zwischen konservativer HDZ und der neuen Partei Most beginnt mit einem Kulturkampf. Am umstrittensten ist Kulturminister Zlatko Hasanbegović, ein Historiker, der die faschistischen Ustascha verehrt. Er will ein Lustrationsgesetz einführen, aufgrund dessen ehemalige Vertreter des sozialistischen jugoslawischen Regimes von öffentlichen Posten ausgeschlossen werden sollen.

Am Freitag gab es bereits massive Proteste gegen den Revisionisten. HDZ-Parteichef Tomislav Karamarko ist ein Freund von Hasanbegović. Im besten Fall hat er dem Extremisten den Job verschafft, um in der Öffentlichkeit von den harten Maßnahmen abzulenken, die Kroatien angesichts der großen Verschuldung bevorstehen. Aber sicher ist das nicht.

Der parteilose Premier und Ex-Finanzdirektor des Pharmakonzerns Pliva, Tihomir Orešković, und Finanzminister Zdravko Marić sollen Kroatien wirtschaftlich wieder auf die Spur bringen. Sie gelten als die Hoffnungsträger. Allerdings dürften sie es aufgrund der fehlenden Basis in der Partei schwierig haben, die Reformagenda im öffentlichen Sektor durchzuführen. Orešković und Marić haben aber erklärt, dass sie die Maastricht-Kriterien erreichen und die Ausgaben senken wollen.

Nur drei Frauen als Minister

Trotz der prekären Finanzlage besteht das neue Kabinett in Zagreb aus 20 Ministern, davon sind nur drei Frauen. Außenpolitisch zeichnen sich Schwierigkeiten ab, zumal der neue Außenminister Miro Kovač zwar in der HDZ die Strippen zieht, aber nicht gerade für diplomatisches Geschick bekannt ist. Das wäre insbesondere im Fall von Serbien nötig. Angeblich will Karamarko selbst nach den serbischen Wahlen im April Beziehungspflege betreiben.

Noch heikler sind die Beziehungen zu Bosnien-Herzegowina. Denn die Nationalisten in der HDZ propagieren die sogenannte "dritte Entität", also eine eigene Region für die Kroaten in Bosnien-Herzegowina – was das Nachbarland destabilisieren könnte. Die "dritte Entität" hat auch bei Most Anhänger – vier der sechs Minister kommen aus Süddalmatien, das an die Herzegowina grenzt. Immerhin ist Kulturminister Hasanbegović gegen die dritte Entität, weil er ein Muslim ist. Karamarko ist auch dagegen. (Adelheid Wölfl, 26.1.2016)