Im Alpinstuben-Ambiente der Alten Backstube in Wien-Josefstadt gibt es jetzt japanisch inspirierte Spieße.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Japaner verstehen unter Yakitori marinierte Hendlspieße, über Holzkohle gegrillt.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Es war länger ruhig um Wini Brugger, den aus Kärnten gebürtigen Asia-Koch. In den 1990er-Jahren bekochte er mit dem Indochine ein luxuriöses Panasia-Restaurant am Wiener Stubenring, vor einigen Jahren tauchte er kurz im Hotelrestaurant des Ritz-Carlton auf. Jetzt ist er wieder da – an einem Ort, den man auch auf zweiten Blick eher nicht mit asiatisch inspirierter Küche in Verbindung gebracht hätte.

Die Alte Backstube in Wien-Josefstadt hat eine mehrere hundert Jahre alte Geschichte als Bäckerei, seit der Nachkriegszeit wird der denkmalgeschützte Ort als Restaurant betrieben. Damals bekamen die fensterlosen Räume auch eine rustikale Holztäfelung verpasst, ganz hinten findet sich sogar eine in Tirol abgebaute, offenbar antike Zirbenholzstube.

Über die Lautsprecher plätschern Eighties-Soul und Easy Jazz, an der offenen Anrichte garniert der Chef die Spieße und andere Speisen, die ihm von den Köchen durch eine Wandöffnung aus der Küche gereicht werden. Die Tür zum Pawlatschenhof (wo es im Sommer einen lauschigen Garten geben wird) steht offen, damit der Küchendunst nicht allzu dicht durch die Räumlichkeiten wabert. Ziemlich schräg, das alles.

Hendlspieße

Japaner verstehen unter Yakitori marinierte Hendlspieße, über Holzkohle gegrillt. Die holt man sich traditionell von Holzstandeln (Yatai) über die Gasse, wegen ihrer Beliebtheit werden die würzigen Kleinigkeiten aber längst auch in Restaurants und Food-Malls angeboten. Brust kommt, damit sie nicht austrocknet, gemeinsam mit Jungzwiebel auf den Grill, aber auch sonst wird vom Haxlfleisch über Leber, Magen und Herz bis zur Haut so gut wie alles aufgespießt. Selbst die Brustknorpel (Nankotsu) gelten als begehrte Delikatesse, wenn sie knusprig und salzig aus der Glut kommen.

Brugger hat wohl recht, dass sich Letztere bei uns kaum verkaufen ließen. Aber Herz und Leber landen auch bei ihm neben Brust und Haxlfleisch, wunderbar würzigen "Meatballs" oder Wings auf dem Grill. Holzkohle ist sich in der Alten Backstube wegen fehlender Genehmigungen nicht ausgegangen, den für Yakitori charakteristischen Rauchgeschmack muss man sich deshalb dazudenken.

Grammelpletschen

Hie und da würde man sich auch exaktere Garzeiten wünschen: Zu Hartgummi gebraten machen die – sonst so zarten – Herzen nicht wirklich Spaß. Und dass die Haut zu Grammelpletschen frittiert statt gegrillt serviert wird, sollte eigentlich in der Karte vermerkt sein. Die verschiedenen Teile werden laut Speisekarte auch verschieden mariniert: Brust mit Wasabi, Zwiebel und Teriyaki-Sauce, Innenfilet mit Curry und Sesam, Flügel mit Limette und Sake. Am Gaumen kommt davon nur wenig an – stets dominiert die klebrige, süßsaure Salzigkeit von Shoyu Tare, einer Soja-Zucker-Essig-Reduktion, mit der die Spieße beschmiert werden. Nicht dass die nicht zum Fingerlecken animieren würde – auf die Dauer würde man sich halt deutlich mehr Varianz wünschen.

Richtig gut gelingt hingegen das Sashimi vom Wolfsbarsch: Kühle, wächsern zarte Scheibchen baden in einem mehr als würzigen, zart fruchtigen und umso schärferen Yuzu-Dressing. Überhaupt lässt Brugger das Chili-Feuer abseits der Spieße ziemlich ungehemmt lodern. Bei Karfiol-Tempura mit Yuzu-Sake-Creme etwa, einer üppigen, von Chilipulver tief orange gefärbten Mayo, in der eine faustgroße, nicht unfett frittierte Karfiolrose schwimmt. Oder bei den am Tisch flambierten Garnelen – fünf Stück werden von nicht weniger als elf fingerlangen Chilis begleitet. Vom Fass gibt es Weitra-Bier. Und das ist gut so. (Severin Corti, RONDO, 29.1.2016)