STANDARD: Sie wirken sehr entspannt. Gibt es Themen, die Ihnen in der aktuell schwierigen Situation Kopfzerbrechen bereiten?
Wilhelm Schmid: Es gibt natürlich Dinge, die einen heute mehr beschäftigen als noch vor fünf Jahren. Dass ich einmal Hedgefonds-Manager sein würde, hätte ich mir nie gedacht.
STANDARD: Wie meinen Sie das?
Schmid: Weil die Währungen verrücktspielen. Sehen Sie sich nur den Rubel an – wir betreiben eine Boutique in Moskau – dann können Sie sich vorstellen, was es bedeutet, das im Auge behalten zu müssen. Das war vor wenigen Jahren überhaupt keine Frage. Und das ist nur eine kleine Währung, wenn Sie erst einmal überlegen, was der Euro gegenüber dem Dollar macht oder dem Franken oder dem Renminbi.
STANDARD: Sie scheinen das aber doch recht lockerzunehmen.
Schmid: Wir haben den großen Vorteil, dass wir uns nicht auf Kulturen oder einzelne Märkte, sondern auf Uhrensammler konzentrieren. Wir wissen, dass Menschen, die bei uns eine Uhr kaufen, schon einmal eine Luxusuhr gekauft haben – im besten Fall sogar bei uns. Und wenn Sie sich dann auf dieses Thema konzentrieren und als Unternehmen dann auch noch stark produktorientiert sind, dann hilft das ungemein, wenn die Zeiten schwieriger sind.
STANDARD: Der Frankenschock ist ...
Schmid: Ach was.
STANDARD: ... kein Thema mehr?
Schmid: Redet kein Mensch mehr drüber.
STANDARD: Sie halten mich zum Besten!
Schmid: Nein, im Ernst. Das interessiert hier niemanden mehr. Letztes Jahr war das die Eingangsfrage. Heuer hat die noch niemand gestellt. Lassen Sie uns einmal realistisch draufschauen: Letztes Jahr war der Kurs noch 1,20:1. Wie ist er heute? 1,10? Darüber reg ich mich doch nicht auf – es sei denn, ich bin die Schweiz.
STANDARD: Sie kaufen doch auch Teile aus der Schweiz.
Schmid: Natürlich. Außerdem gehören wir zum Richemont-Konzern.
STANDARD: Sehen das andere Marken auch so gelassen?
Schmid: Wenn Sie hier in diesen kleinen vier Wänden sitzen und ständig Besuch aus aller Herren Ländern bekommen, dann können Sie gut einschätzen, was die Leute bewegt: Der Franken ist es nicht.
STANDARD: Die vielzitierte Generation Y scheint zumindest das Statussymbol Uhr nicht mehr zu bewegen. Hat die Uhr noch eine Chance?
Schmid: Na das hoffe ich doch! Es stimmt: In jenem Bereich, in dem wir arbeiten, sind wir weit weg von jeder Notwendigkeit. Wir sind ein Stück Kunst, wir sind ein Stück Ausdruck der Persönlichkeit. Ich glaube, dass sich das nicht ändert. Es gibt immer Sammler, die auf Uhren abfahren oder auf Kunst oder auf Autos. (Markus Böhm, RONDO, 29.1.2016)